zum Hauptinhalt

Kultur: Nazis im Weltraum

Wenn das der Führer wüsste! Die Science-Fiction-Trash-Komödie „Iron Sky“ im PANORAMA.

Von Markus Hesselmann

Dürfen die das? Einen solchen Film drehen und dann auch noch mit teils deutscher Finanzierung? Einen Film über Nazis, die sich in einer Kolonie auf dem Mond auf ihre Rückkehr zur Erde samt doch noch zu verwirklichendem Endsieg vorbereiten? Eine Komödie, die sich dem Vorwurf aussetzt, das NS-Regime zu verharmlosen und dessen Opfer lächerlich zu machen?

„Es war gut, dass wir eine internationale Produktion haben“, sagt Oliver Damian, der „Iron Sky“ mit australischen, niederländischen und finnischen Partnern verwirklicht hat, im Pressegespräch. Eine rein deutsche Produktion wäre bei dem Thema auf Skepsis gestoßen. „Ein Finne geht da ganz anders ran.“

Timo Vuorensola, der Regisseur, hatte die Idee zu dem Film in der Sauna – „wie alle guten Ideen aus Finnland“. Zwei Punkte waren für den 32-Jährigen, der mit der Persiflage „Star Wreck“ bescheidenen Kultstatus errungen hat, klar: Udo Kier muss eine Hauptrolle spielen. Und den Soundtrack muss Laibach machen, das slowenische Künstlerkollektiv, das seit den achtziger Jahren mit totalitären Verfremdungen von Popsongs Aufsehen erregt.

Schon vor seinem Start wurde der Film im Internet populär. Rund zehn Prozent der 7,5 Millionen Euro, die das Projekt gekostet hat, wurden per Crowdfunding finanziert. Seit Wochen kursieren Clips zu „Iron Sky“ in den sozialen Netzwerken. Entsprechend gut lief auch der Kartenverkauf bei der Berlinale an.

Man kann „Iron Sky“ als Trash abtun – oder gerade auf diesem Level genießen. Immer mal wieder gleitet die Story von den Mondnazis, die sich unter der Ägide zweier rivalisierender Führer (Udo Kier, Götz Otto) mit der Weltgemeinschaft eine Schlacht im All und über den Dächern von New York liefern, ab in Slapstick und Kitsch. Vuorensola ist nicht Tarantino, da hilft es auch nicht, dass schon mal ein Pfennigabsatz in die Hirnschale einer Hauptfigur dringt.

Doch der Film hat seine Momente, seine Laibach-Momente. Da geht es dann nicht darum, ob man über Nazis lachen darf. Das darf oder muss man seit Charlie Chaplin, dessen „Great Dictator“ reichlich zitiert wird. Auch nicht um Provokation mit Hakenkreuzen wie zu Punk-Zeiten. Und schon gar nicht um das deutsch bemühte, kabarettistisch belehrende „Lachen, das im Halse stecken bleibt“.

Es geht um unser aller Faszination für totalitäre Ästhetik. Laibach haben den Zusammenhang von Pop und Totalitarismus mit „Geburt einer Nation“, einer eingedeutschten Version von Queens „One Vision“, auf den Punkt gebracht. Eine Pop-Hymne wird zum Reichsparteitagssoundtrack. Und es wird erfahrbar, dass die Nazis nicht nur auf Unterdrückung und Überwältigung bauten, sondern auch auf Ästhetik – und Heimeligkeit.

Wie im Heimatfilm kommt in „Iron Sky“ eine Unterrichtsszene daher: mit adretten Pimpfen und einer blonden Lehrerin (Julia Dietze), die tatsächlich glaubt, dass sie das Gute predigt, wenn sie die NS-Weltherrschaft ankündigt – und dabei auch noch unfassbar gut aussieht. Ihr reinrassiges Weltbild gerät ins Wanken, als sie einen attraktiven schwarzen US-Astronauten (Christopher Kirby) trifft, den die Nazis auf dem Mond festgenommen haben. Dabei ist sie doch dem Möchtegern-Führer Klaus Adler versprochen …

Der Kampf der Vereinigten Staaten wird von einem fitnessbesessenen Sarah-Palin-Double (Stephanie Paul) geführt, die einen Krieg braucht, um wiedergewählt zu werden. Als die Mondnazis die Erde angreifen, kommt dies der Präsidentin und ihrer PR-Beraterin (Peta Sergeant) nur recht. Die beiden Ladies sind derart zynisch und gnadenlos – „This is beautiful“, ruft die PR-Frau, als es so richtig rummst –, dass die Nazis zwischenzeitlich fast sympathisch wirken. Markus Hesselmann

13.2., 17 Uhr (Cubix 9), 17.2., 20 Uhr (International), 19.2., 22.30 Uhr, (Colosseum 1)

Zur Startseite