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Grusel, Grusel. Arthur (Daniel Radcliffe) erforscht das alte Herrenhaus. Foto: Concorde

© dpa

Kultur: Nebel, Krähen, Moorleichen

Eleganter Gothic Horror: „Die Frau in Schwarz“.

Der Nebel hängt tief überm Moor. Krähen flattern auf. Am Himmel ziehen Wolken heran. Das verlassene Haus liegt umgeben von einem verwilderten Garten auf einer Insel im Meer. Der junge Londoner Anwalt Arthur Kipps (Daniel Radcliffe) kommt Ende des 19. Jahrhunderts in das düstere Dorf Crythin Gifford, wo er Erbschaftsangelegenheiten um ein altes Herrenhaus regeln soll.Doch in der Villa im Wattenmeer, deren Zufahrtsweg nur bei Ebbe befahrbar ist, wollen die Seelen der Verstorbenen nicht zur Ruhe kommen. Die Dorfbewohner wissen, dass über dem Eel Marsh House schon lange ein Fluch liegt und verstecken ihre Töchter und Söhne im Keller – denn immer wenn dort der Geist der schwarz gekleideten Frau auftaucht, haucht eines ihrer Kinder sein Leben aus. Bald sieht sich der junge Advokat nicht nur als Testamentsvollstrecker, sondern auch als Erforscher finsterer Familiengeheimnisse.

Zu Filmen wie „Saw“, wo eine Kreissäge mit ihren sadistischen Mordvarianten zum Hauptdarsteller wird, ist „Die Frau in Schwarz“ – nach Susan Hills Roman von 1982 – ein gutes Gegengift. In der Tradition des Gothic Horror stehend, überzeugt James Watkins’ Gruselvariante durch stilvolle Inszenierung, detailreiche Ausstattung und elegante Morbidität. Dichter Nebel, jede Menge Spinnweben und sogar eine gute alte Moorleiche zieren das liebevoll gearbeitete Genrestück. Nur schemenhaft ist der Geist der schwarzen Dame bei ihrem ersten Auftritt zu erkennen – was für viel wohligeren Schauder sorgt als die frontale Konfrontation mit mordlustigen Genremonstern.

Besondere Aufmerksamkeit zieht der Film auch deshalb auf sich, weil Daniel Radcliffe in seiner ersten Rolle nach „Harry Potter“ zu sehen ist. Sein Auftritt ist solide, aber auch nicht mehr. Radcliffe wiederholt nur, was er in den sieben Sequels gründlich gelernt hat: sich vor imaginären Gefahren aufrichtig zu erschrecken, um sie alsdann umso furchtloser zu bekämpfen.

„Die Frau in Schwarz“ ist allerdings weit mehr als ein Radcliffe-Vehikel. Die Filmemacher wollen damit den britischen „Hammer Film“ wieder aufleben lassen. Das Genre-Label, in dem „Dracula“ (1958) und „Frankensteins Fluch“ (1957) entstanden sind, gehörte mit über 100 Produktionen bis Anfang der achtziger Jahre zu den produktivsten Gruselfilmschmieden der Welt. Die Produzenten, die nun den legendären Markennamen aufgekauft haben, setzen auf intelligente Horrorfilme – ein Anspruch, der diesem zunehmend hohl drehenden Genre nur guttun kann. Martin Schwickert

In 16 Berliner Kinos; OV im Rollberg

und Cinestar SonyCenter

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