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Neue Rekorde auf dem Kunstmarkt: Freundschaft hat ihren Preis

Die Welt hat ein neues teuerstes Kunstwerk aller Zeiten: 142 Millionen Dollar hat ein Triptychon von Francis Bacon bei einer Christie's-Versteigerung in New York erzielt. Und mit 58,5 Millionen Dollar für "Balloon-Dog" ist Jeff Koons der aktuell teuerste lebende Künstler.

Gerechnet hatte damit niemand, der Applaus fiel spärlich aus. Erst Minuten später sickerte die Erkenntnis durch, dass bei Christie’s in New York gerade Auktionsgeschichte geschrieben worden war: 142 Millionen Dollar für ein Triptychon von Francis Bacon, das weit weniger bekannt ist als der bisherige Rekordhalter. Munchs berühmter „Schrei“ hatte erst im Frühjahr letzten Jahres 120 Millionen Dollar eingespielt. Nebenbei überflügelte auch noch Jeff Koons als lebender Künstler Gerhard Richter. Seine Metallskulptur „Balloon-Dog“ schlug mit 58,4 Millionen Dollar den „Mailänder Dom“ des deutschen Malers.

Wer die Käufer der millionenschweren Werke sind, darüber schweigt sich das Auktionshaus allerdings aus. Nur so viel verriet es, dass Sammler aus 42 Ländern registriert waren und besonders starke Gebote aus Amerika, Europa und Asien kamen. Zugleich verkündete Christie’s einen eigenen Rekord: Mit 691,6 Millionen Dollar insgesamt für Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst wurde das Spitzenergebnis vom Frühjahr überflügelt. Das Auktionsgeschäft erweist sich damit auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten als boomendes Gewerbe. Nicht irrationale Liebhaberei verbirgt sich hinter den astronomischen Zahlen, sondern die Gewissheit, in stabile Werten investiert zu haben.

Die Malaisen des Finanzmarkt-Crashs von 2008 sind auf dem Kunstmarkt überwunden; 1400 Billionäre weltweit nennt die Forbes-Liste als Zahl, von denen sich eine ganze Reihe prestigebewusst auch für Kunst interessieren dürften. Bacon (1909 – 1992) gilt als Blue Chip, durch die Kunstgeschichte kanonisiert, während Koons Glamour- Appeal besitzt und sich nach Schwankungen in vergangenen Jahren auch unter sammelnden Popstars einen wachsenden Absatzmarkt erarbeitet hat.

Der besondere Reiz bei Bacon mag im Sujet gelegen haben: ein Freundschaftsbild, das zwei der bedeutendsten figurativen Nachkriegsmaler vereint. Bacons Triptychon „Three of Lucian Freud“ entstand 1969 zum Zeitpunkt ihres intensivsten Austauschs, nachdem sich der Ire und der gebürtige Deutsche 1945 kennengelernt hatten. In die filmgleich ablaufende lebensgroße Darstellung spielt das spannungsreiche Verhältnis der beiden hinein, die sich sowohl Vertraute als auch Rivalen waren. Fast scheint es, als würde sich Freud (1922 – 2011) auf jedem Bildteil neu positionieren. Stets ist die Schuhsohle seines auf dem rechten Knie abgelegten Unterschenkels zentral auf den Betrachter gerichtet. Und jedes Mal knetet er seine Hände im Schoß anders. Wie es typisch für Bacon ist, hat er sein Gegenüber in ein Liniengerüst platziert und dadurch einen Raum im Raum konstruiert, der die Spannung zwischen der umgebenden Leere und der mit groben Pinselstrichen porträtierten Figur erhöht. Durch die fast kubistisch gebrochene Mehransichtigkeit wirkt der Dargestellte einerseits dynamisch bewegt und doch wie eingefroren.

Das Triptychon berührt auch deshalb besonders, weil es an ein tragisch verloren gegangenes Bacon-Porträt von Lucian Freud erinnert, das bei seiner Ausstellung 1988 in der Berliner Nationalgalerie gestohlen wurde. 2001 kehrte Freud noch einmal in seine Geburtsstadt zurück und ließ in ganz Berlin Suchbilder mit dem Porträt seines inzwischen verstorbenen Freundes plakatieren. Bacons Triptychon erscheint vor diesem Hintergrund umso kostbarer – als der erhalten gebliebene Teil einer gemalten Konversation.

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