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Loridana Zefi alias Loredana kam vor 25 Jahren in Luzern zur Welt, wo sie weiterhin zu Hause ist.

© @dieserbobby

Neues Album von Loredana: Sie nennt sich King

Die Schweizerin Loredana ist momentan die erfolgreichste Rapperin im deutschsprachigen Raum. Jetzt hat sie ihr zweites Album veröffentlicht.

Betrug, Beziehung, Erziehung und dann irgendwann erst die Musik. „Skandalrapperin Loredana weint vor laufender Kamera“, titelt eine Schweizer Boulevardzeitung. Wenn man sich anschaut, was über Loridana Zefi, 25 Jahre alt, Schweizerin mit kosovarischer Staatsbürgerschaft, geschrieben und worüber in Interviews mit ihr gesprochen wird, dann wirkt es nicht so, als sei sie eine hauptberufliche Musikerin.

Eine Person des öffentlichen Lebens, klar. Ein Star, mit Sicherheit. Aber die Musik steht selten im Fokus. Zumindest nicht ausschließlich. Das Drumherum, der „Skandal“ in der furchtbaren Wortneuschöpfung Skandalrapperin, wird bei ihr fast immer mitgedacht. Das besagte Drumherum ist ein mittlerweile eingestelltes Ermittlungsverfahren wegen Betrugs, die gescheiterte Ehe mit dem kosovarischen Rapper Mozzik, und die gemeinsame zweijährige Tochter Hana.

Perfekt in Szene gesetzte Ohrwurmhooks

Dieser Zustand sagt viel über die männerdominierte Rapszene und Musikindustrie sowie Teile des Medienbetriebs . Denn Zefi ist unter dem Namen Loredana derzeit die erfolgreichste Rapperin im deutschsprachigen Raum, womöglich sogar einer der größten deutschsprachigen Popstars. Zumindest für eine junge Zielgruppe.

Ihren ersten Song „Sonnenbrille“ veröffentlichte sie 2018, seitdem ging es steil bergauf und Loredana erreichte schnell die üblichen Superlative, mit denen man als Rapperin eben auftrumpft: Millionen von Song-Streams und Followern in den Sozialen Medien, Nummer 1-Singles, Konzerte in Hallen für über 10.000 Menschen. Ihre bereits bestehende Reichweite bei Instagram nutzte sie klug. Musikerinnen und Musiker sind mittlerweile oft auch Influencer.

Die große Stärke ihrer Songs sind perfekt in Szene gesetzte Ohrwurmhooks und die große Präsenz ihrer sich wandelnden, aber immer Dominanz ausstrahlenden Stimme. Umso häufiger man Loredanas simple Songs hört, desto mehr bleiben sie hängen. Sie hat es verstanden, sich auf Singles zu konzentrieren und setzt auf schnelle euphorisierende Attraktionen innerhalb der Songs.

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Das Konzeptuelle schwingt nicht unbedingt in der Dramaturgie ihrer Alben mit, sondern in ihrer Performance auf Social Media und in den atemberaubenden Choreografien der Tänzerinnen und Tänzer ihrer Bühnenshows. Loredana ist ein Popstar, der Rap als Teil von Popmusik versteht, ganz wie der Popkulturtheoretiker Diedrich Diederichsen. Es geht bei ihr eben nicht nur um die Songs, sondern um eine enorme Ausstrahlung, um Körperlichkeit, Performance, Initiationsmomente durch Hit-Hooks und auch um die Rezeptionsebene ihrer jungen Fans. In der Mischung all dieser Elemente entstehen der Pop und der Star.

Soeben ist Loredanas zweites Album „Medusa“ erschienen und es stellt sich einmal mehr die Frage nach der Grenze von Öffentlichem und Privatem. Warum hat es gerade Loredana so schwer als Künstlerin und nur als Künstlerin wahrgenommen zu werden? Ist sie dafür zu sehr Star? Auf dem Song „Geht schon“ rappt sie es ja selbst: „Ich bin Selfmade Millionär, Mama und Popstar/ Ich kauf’ ein’n Kindersitz für mein’n Porsche Boxster“.

In der Rapszene wird mit zweierlei Maß gemessen

Dass sie über Privates ungern sprechen würde, sagte Loredana kürzlich im Interview mit dem Moderator und Hip-Hop-Experten Aria Nejati. Der wirkt verständnisvoll. Doch was für Loredana „privat“ bedeutet, wird nicht klar, denn im Folgenden Interview geht es fast nur um Betrug, Beziehung und Erziehung.

Wieder wird die Musik weitestgehend ausgespart. Irgendwann beginnt Loredana vor der Kamera zu weinen, weil es um den Tod ihres Vaters geht, woraus Schlagzeilen im Boulevard resultieren. Es ist geschmacklos.

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In der Rapszene wird mit zweierlei Maß gemessen. Mit Frauen wird weniger über Musik gesprochen als mit Männern und man lässt ihnen weniger durchgehen. Mitte des Jahres entstand der Hashtag #boycottloredana, wegen der Betrugsvorwürfe gegen sie.

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Sie soll eine Frau zusammen mit ihrem Bruder um viel Geld betrogen haben. Mittlerweile soll sich Loredana mit der Geschädigten versöhnt und sich entschuldigt haben. Trotzdem forderten Männer ihren Boykott. Rappern wie Veysel, der wegen Totschlag im Gefängnis saß oder Gzuz dem eine Haftstrafe bevorsteht, passierte Vergleichbares nicht. Xatar, der einen Goldtransporter ausraubte, wurde dadurch sogar zur Kultfigur.

Äußerst vielsagend ist auch eine Aussage von Loredanas Manager: „Wir versuchen nie Konkurrenz im eigenen Haus zu schaffen. Wir haben (...) Loredana. Es macht für uns gar keinen Sinn noch eine zweite Rapperin zu signen.“

Danach zählt er die von ihm vertretenen männlichen Rapper auf, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Stile plötzlich keine Konkurrenz mehr darstellen. Das offenbart ein sexistisches Weltbild: Rapperinnen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie Frauen sind. Aber was Loredana wirklich ausmacht ist eben, dass sie eine gute Rapperin ist.

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„Medusa“ ist ein Statement zu all diesen Themen. Loredana verarbeitet die Vorwürfe und Verletzungen des letzten Jahres. Und sie kontert den Sexismus, auch das Statement ihres Managers, mit offensivem Auftreten in Songs und Lyrics, erklärt sich selbst zu „King Lori“. Das Album spiegelt die Geschichte einer Künstlerin, die sich von Krisen nicht unterkriegen lässt, die besser rappt als die meisten, die sich als alleinerziehende Mutter durchkämpft und die Millionärin ist

Das Gangstergehabe ihrer Kollegen belächelt sie nur müde. In „Gangster“ singt sie: „Du sagst, du bist ein Gangster – nein, nein/Lass mal deine Messerstecherei’n/ Du riskierst dein Leben ohne Sinn/ Wofür der ganze Scheiß, Scheiß, Scheiß?“. Das Interessante an „Medusa“ ist: Loredana macht das Private auf dem Album öffentlich und verarbeitet es zu Hits. Mit „Medusa“ erobert sie sich die Deutungshoheit über ihre Geschichte zurück.
„Medusa“ erscheint bei Groove Attack.

Johann Voigt

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