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War On Drugs mit dem Sänger Granduciel.

© Shawn Brackbil/Warner

Neues Album von The War On Drugs: Im Ozean der Erinnerung

Die US-amerikanische Rockband The War On Drugs feiert auf „I Don’t Live Here Anymore“ ihre Ahnen. Diesmal mit Blick auf die Achtziger.

Die Zeiten, in denen Rock’n’Roll die Musikwelt regierte, sind vorüber. Welche Bands füllen noch die großen Hallen mit Gitarrenriffs und Feedbackgewitter? Eigentlich nur solche, die schon seit mindestens 30 Jahren dabei sind. Heimlich, still und leise haben sich The War On Drugs, 2005 in Philadelphia gegründet, in diesen erlesenen Zirkel gespielt.

Wenn sie Anfang des nächsten Jahres auf Tour gehen, wird die Gruppe auch im New Yorker Madison Square Garden auftreten – vor 20 000 Menschen.

Heartland-Rock ohne Macker-Attitüde

Wer die Musik von Frontmann Adam Granduciel und seinen fünf Bandkollegen kennt, kann das durchaus folgerichtig nennen. Schließlich klingt auch sie, als würde sie schon seit 30, wenn nicht 40 Jahren durch den Äther schwirren. Auf den ersten zwei Alben – damals mit Kurt Vile im Line-up – versteckte die Formation ihre großen Melodien noch hinter Drone-Schwaden.

Inzwischen haben sie ihren Sound mit den Platten „Lost In The Dream“ (2014) und „A Deeper Understanding“ (2017) in Richtung Heartland-Rock verfeinert. The War On Drugs spielen eingängige und doch nie simple Songs, die das Highway-Pathos nicht scheuen, aber ohne jede Macker-Attitüde auskommen.

Diesen Weg setzen sie auf ihrem fünften Werk fort. Große Sprünge machen sie auch auf dem jetzt erscheinenden „I Don’t Live Here Anymore“ (Warner) nicht, eher streben sie entschlossen voran auf jenen Pfaden, die Künstler wie Tom Petty und die Dire Straits in das Dickicht des radiotauglichen Rocks geschlagen haben. Wobei Sänger, Songschreiber und Leadgitarrist Granduciel eher eine Entschlossenheit der zaudernden Art vorlebt.

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Der 42-Jährige ist ein Frickler, ein Perfektionist, der ewig an den Soundnuancen der Alben schraubt. Seine Texte offenbaren eine ähnlich grüblerische Ader. Immer wieder geht es um Vergänglichkeit, ums Davonlaufen, um Regen, Dunkelheit und fallende Blätter.

Granduciels brüchige, vom Körper beinahe entkoppelt wirkende Stimme weckt Erinnerungen an Bob Dylan, wenn er im Titeltrack singt: „Now time surrounds me like an ocean, my memories like waves. Is life just dying in slow motion?“ Die Zweifel kontert der Sänger sogleich: „I’m getting stronger everyday.“

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The War On Drugs überlassen den Synthesizern diesmal einen offensiveren Part. In manchen Songs schwirrt ein halbes Dutzend durcheinander. Dennoch klingt alles sehr selbstverständlich. Gerade darin liegt die Kunst der Band: Allem Getüftel zum Trotz erwächst ihr Sound organisch aus den Wurzeln ihrer musikalischen Ahnen.

Die sind diesmal mehr in den Achtzigern zu Hause als bisher. Wer den Titelsong gehört hat, kann sich dabei ertappen, „Bette Davis Eyes“ von Kim Carnes zu summen. An anderer Stelle pulst der Plastikpop von A-ha durch den Sound („Wasted“), dann wieder eine Drummachine, die an Genesis der Phil-Collins-Ära denken lässt („I Don’t Wanna Wait“).

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Adam Granduciel weiß, was er seinen Vorbildern schuldig ist. Als er und Schauspielerin Krysten Ritter vor zwei Jahren einen Sohn bekommen, nennen sie ihn Bruce. Wie es auch Springsteen gern getan hat, besingt Granduciel seinen Vater. In „Old Skin“ zum Beispiel: „Been down at the yard, workin’ my whole life to follow my father’s dream, then watch it fade away.“

Zweieinhalb Minuten ruht seine Stimme auf einem Bett aus Klavier, Synthie und Hammond-Orgel, bevor Schlagzeug und Gitarre in das Stück hineinfahren und es in einen Stampfer verwandeln.

Mittlerweile ist der Sound der Band derart etabliert, dass man beim Hören der Platte nicht nur an die erwähnten Vorgänger denken muss, sondern auch an frühere Songs der Gruppe selbst. Musikalische Haken wie Tame Impala, das andere zeitgenössische Rock-Projekt, das ein Riesenpublikum anzieht, schlagen The War On Drugs nicht. Sie haben sich ihre Nische eingerichtet und schmücken sie Album für Album mit mehr Rock-Memorabilien aus.

Dass es sich so viele Menschen dort drinnen mit ihnen gemütlich machen wollen, ist nicht nur anachronistisch, sondern irgendwie auch tröstlich.

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