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NEUGERRIEMSCHNEIDER: Elizabeth Peyton

Elizabeth Peyton ist auf ehrliche Art altmodisch. Sie malt, fast ausschließlich, Porträts.

Elizabeth Peyton ist auf ehrliche Art altmodisch. Sie malt, fast ausschließlich, Porträts. Ein Genre der Malerei, das in der zeitgenössischen Kunst keine große Rolle mehr spielt. Und sie sucht Schönheit, mit gekonntem, lässigem Strich und harmonisch komponierten Farben. Das ist mutig, kommt es doch auf den ersten Blick sehr gefällig daher.

Peyton porträtiert berühmte Persönlichkeiten und Freunde. Als Vorlage nutzt sie Zeitungsschnipsel oder Fotografien, ob für ihr Bild des mächtigen New Yorker Kunsthändlers Larry Gagosian, des Künstlers Olafur Eliasson oder von Burkhard Riemschneider, einem der beiden Partner der Galerie. Sie alle haben diesen seltsam entrückten Blick. Auch „Klara“, ein halbfiguriges Porträt, ist eine typische Peyton-Figur: androgyne Gestalt, bleiches Gesicht, katzenhafte blaue Augen, die den Betrachter fixieren. Doch in einem kleinen Detail bricht die 1965 geborene amerikanische Malerin die idealisierte Darstellung auf. Klara hat ganz rote Ohren.

Der Ausstellungsort in der Wallstraße, den die Galerie für die Einzelschau mit 18 jüngst entstandenen Arbeiten gefunden hat, ist eine Entdeckung. Das Licht fällt durch hohe Fenster mit schweren weißen Vorhängen, von den Wänden bröckelt der Putz in pastelligen Schattierungen. Die Farben antworten auf die Bilder der Malerin. Freigelegtes Mauerwerk und grobe Holzbalken passen zur Eigenart Peytons, ihre Leinwände vorab mit einer dicken weißen Grundierung einzustreichen, so dass Tropfen nachlässig über den Rand laufen.

In der ehemaligen Eisenwarenhandlung aus den 1870er Jahren scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Ebenso friert Peyton in ihren kleinformatigen Ölbildern, Aquarellen und Zeichnungen die Zeit ein, nicht nur in ihren Porträts, auch in den Stillleben, die hier zu sehen sind. Peyton bewahrt Menschen wie Blumen vor dem Verblühen, jeglichen aktuellen Zusammenhang vermeidet sie – auch wenn die Personen für eine bestimmte Ära stehen wie etwa Rockikone Patti Smith. Viel mehr scheint sich Peyton rückwärts zu wenden. Wenn sie sich Details aus einem Gemälde des romantischen Malers Delacroix zu eigen macht, einmal in Öl, einmal als Zeichnung. Wenn sie das Titelbild von Gustav Flauberts Reisetagebuch aus Ägypten in ein Stillleben einbaut. Oder wenn sie die Bildhauerin Camille Claudel beim Meißeln an einer Skulptur porträtiert. Keine Menschen, die ihr persönlich begegnet sind. Auch Peyton hat ihre Quellen nur aus Büchern, aus Porträts. Wenn sie anfängt zu malen oder zu zeichnen, dann als Ausdruck ihrer Bewunderung. Anna Patazcek

Galerie Neugerriemschneider, Wallstraße 85, bis 3.6., Di.–Sa. 11–18 Uhr.

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