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Kultur: New Yorker Experimente

Gordon Veneklasen und Michael Werner zeigen Videos von William E. Jones

Für beide ist es eine Premiere: Der Künstler William E. Jones hat noch nie so viel Platz für seine Arbeiten gehabt. Und Gordon Veneklasen arbeitet zum ersten Mal mit Jones zusammen.Undenkbar in der New Yorker Galerie, die er seit vielen Jahren gemeinsam mit Michael Werner hat. Die hohen Mieten geben den Takt vor, was gezeigt wird, muss sich armortisieren. Das sind Maler wie Per Kirkeby, Jörg Immendorff oder Georg Baselitz. Jones, der Medienkünstler aus Los Angeles, gehört noch lange nicht dazu.

Sein Werk ist anders. Bewegt, nervös, gesampelt. Was immer Jones im Internet entdeckt und spannend findet, das taucht in den Videos, Fotomontagen und wunderbaren Bild-Text-Collagen wieder auf – wenn es frei zugänglich ist. Viele US-Bibliotheken, erzählt der Künstler, verfügten über Datenbanken, auf die man bequem von zu Hause zugreifen könne. Solche Archive faszinieren ihn – nicht zuletzt, weil er nicht endlos für sein Material bezahlen kann. Fündig wird Jones aber auch im B-Movie-Sektor, wo er unter anderem schwule Pornos der siebziger Jahren entdeckt, zusammengeschnitten und die Dialoge ausgetauscht hat: Auf der Tonspur läuft jetzt Unverfängliches aus Experimentalfilmen oder Interviews.

Mit solchen durchaus sensiblen Reflektionen über den Objektstatus des Homosexuellen hat sich Jones in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht. Im Dezember lud ihn das Sammlerpaar Rubell für eine Ausstellung nach Miami ein, davor war er auf der Biennale in Venedig vertreten. Die Ausstellung in der Galerie Veneklasen/Werner zeigt davon nichts. Stattdessen läuft mit „Discrepancy“ eine Arbeit, die in dieser Dimension noch nie zu sehen war. Sechs Videos choreografieren Propagandamaterial aus Zeiten des Kalten Krieges – akustisch unterlegt von jenem Manifest, in dem Isidore Isous gegen die Dummheit des kommerziellen Kinos wettert. Komplettiert wird die Ausstellung von nahezu quadratischen Fotoarbeiten, auf denen Jones historisches Fotomaterial zu allgemeinen Suchbegriffen wie „Fotograf“ oder „Mikrofon“ versammelt. Schließlich widmet er sich dem Literaten Stéphane Mallarmé, dessen Verse Wort für Wort bei Google in der Bildsuche gelandet sind. Was das Internet auf diese Weise willkürlich kombiniert, findet sich nun in aufwendig gedruckten Collagen aus alten Gedichten und zeigenössischen Impressionen wieder.

Solchen Positionen möchte sich der Galerist in den nächsten zwei Jahren widmen. In seinem Berliner „Projektraum“, wie er sagt, um damit kokettes Understatement zu betreiben: Von den Dimensionen der ehemaligen Galerie Julius Werner, die Vater Werner am Ende übernommen hat und für die er nun gemeinsam mit Veneklasen firmiert, können die meisten Galeristen in Berlin nur träumen. Doch Veneklasen ist aus New York andere Zwänge gewohnt, die Bedingungen hier findet er traumhaft. Obwohl er nun mit dem Flugzeug pendeln muss, erfüllt ihn die pure Möglichkeit, hier echte Herzenssachen zu verwirklichen, mit Energie. Man merkt das und glaubt ihm auch, dass Michael Werner vor allem seinen renommierten Namen für das Experiment gegeben hat. „Ich denke nicht, dass er sich einmischt“, meint Gordon Veneklasen. Und wenn doch, dann kann man auf die lange Partnerschaft vertrauen.

Veneklasen/Werner, Rudi-Dutschke- Str. 26; bis 27.2., Mo-Sa 11-18 Uhr. Heute Abend, 13.2., spricht der Filmkurator Stuart Comer über Jones Werk.

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