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Im Halbdunkel leuchtet eine Arbeit von Birgit Dieker.

© Heiko Laschitzki

„Ngorongoro“ beim Gallery Weekend: Lob des Netzwerks

Rund 160 Künstler haben der Berliner Maler Jonas Burgert und seine sechs Mitinitiatoren zu ihrer selbst organisierten Netzwerk-Ausstellung „Ngorongoro“ eingeladen.

Eine Ausstellung wie Disneyland: Es gibt Attraktionen ohne Ende. Beim Rundgang weiß selbst Gastgeber Jonas Burgert nicht, wo er anfangen soll. Also einfach los: Paul McCarthy schickte eine seiner verrückten Skulpturen aus Brüssel, irgend etwas mit rosa Rüssel und Ohren. Auf einem Sockel steht ein Sprengstoffgürtel von Jake & Dinos Chapman, nicht weit entfernt, etwas versöhnlicher, ein Kinderpult mit einer aus Stein gefertigten Rettungsweste von John Isaacs. Die Wände sind voll mit Bildern bekannter Berliner Maler wie Thomas Zipp oder Tim Eitel und junger Nachwuchskünstlerinnen, von denen man sicher noch hören wird. Außerdem: ein besonders schönes Gemälde von Marlene Dumas, das Porträt eines ekstatischen Gurus eines indischen Malers, ein herrlicher Akt der über 70-jährigen Betty Tompkins, einer New Yorker Malerin, die sich lange Zeit darauf konzentrierte, weibliche Geschlechtsteile zu malen.

Rund 160 Künstler haben der Berliner Maler Jonas Burgert und seine sechs Mitinitiatoren, unter anderem der Maler Christian Achenbach, der Fotograf Andreas Mühe und Bildhauer Zhivago Duncan, zu ihrer selbst organisierten Netzwerk-Ausstellung „Ngorongoro“ eingeladen. Ort des Geschehens ist Burgerts riesiges Atelierareal in Weißensee, auf dem auch die anderen Beteiligten teils arbeiten. Es soll ein großes Aufeinanderprallen von individuellen Positionen sein. Eine unkuratierte Schau von Künstlern für Künstler und – eine Hymne auf das Netzwerk. Das funktioniert gut. Sogar noch besser als 2015, als Burgert erstmals sein Atelier öffnete. Man merkt, dass man sich diesmal intensiv darüber Gedanken gemacht hat, welches Werk von welchem Künstler es sein soll. Manche hatten auch Carte blanche.

Anselm Reyle bestückte einen der Innenhöfe mit riesigen Keramikvasen. Georg Baselitz steuerte einen Kranz tanzender Beine bei, eine Skulptur aus verkohltem Holz. In einer Nische steht unter Glas eine uralte Khmer-Bronze aus der Feuerle Collection. Es ist ein kleines, ausgestorbenes Tier, von dessen Existenz nur noch die Kunst zeugt. Von deren Hybris berichtet hingegen in einem schreiend komischen Video der Berliner Björn Melhus.

Die Kunst wird mit Respekt behandelt

Natürlich ist es ein wildes Durcheinander, Bezüge zwischen den Arbeiten ergeben sich eher zufällig – und doch sind sie da. Mühe hat die Dresdner Hardcore-Fußballfans Ultras Dynamo fotografiert. Die Aufnahme zeigt die Aficionados in ihrer gelben Tracht in den festlichen Rängen der Semperoper. Das Thema Ultras kehrt dann in einem Kellergewölbe mit dreifacher Wucht noch mal zurück. In einem Raum mit zwei großen, extrem lichtstarken Monitoren sind laut und grell Szenen von Fußballevents und Demonstrationen gegeneinander geschnitten: eine Videoinstallation der beiden Künstler Matthias Wermke und Mischa Leinkauf.

Museal installiert ist eine brandneue Arbeit des Künstlers Julian Rosefeldt. In dem Film verballhornt Rosefeldt eine Geldübergabe zwischen Gangstern. Dass Künstler sich entscheiden, ihre Weltpremieren bei „Ngorongoro“ zu zelebrieren, macht deutlich, wie wohl sie sich in diesem Ambiente fühlen. Die Kunst wird hier mit Respekt behandelt, gleichzeitig lassen die Macher zu, dass sie Spaß macht. Schade ist eigentlich nur, dass man kaum alles sehen kann. Und am Sonntag ist es schon wieder vorbei.

„Ngorongoro“, Lehderstr. 34; bis 29.4., 10–24 Uhr

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