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Kultur: Nicht stilsicher

Die Oper "Talestri" der Maria Antonia Walpurgis von SachsenVON BORIS KEHRMANNTalestri hat ein Problem.Sie, die Königin der Amazonen, liebt den Feind des Staates, den sie regiert.

Die Oper "Talestri" der Maria Antonia Walpurgis von SachsenVON BORIS KEHRMANNTalestri hat ein Problem.Sie, die Königin der Amazonen, liebt den Feind des Staates, den sie regiert.Das Objekt ihrer verbotenen Begierde, Orontes, entpuppt sich allerdings als außerordentlich liebenswürdiger Krieger, dem nur ein Makel anhaftet: er ist das Kind einer Vergewaltigung.Seine Mutter lüftet das schreckliche Geheimnis seiner Zeugung.Das Trauma des Verbrechens sublimiert sie als Oberpriesterin des Amazonenstaates.Wie stets in der spätbarocken Opera seria, tobt in "Talestri Regina delle Amazzone" der Kampf der Leidenschaften zwischen Pflicht und Neigung, Staatswohl und Liebe, um am Ende das Unvereinbare in einem utopischen Finale zu versöhnen.Das Besondere an dem 1760 uraufgeführten Werk ist seine Verfasserin: Maria Antonia Walpurgis, Tochter des bayerischen Kurfürsten und späteren Kaisers Karl VII., selbst Kurfürstin von Sachsen, schuf ein dichterisch wie musikalisch erstaunlich abwechslungsreiches und professionelles Dramma per musica, das die Batzdorfer Hofkapelle unter Tobias Schade in einer gekürzten Fassung im Großen Sendesaal des SFB jetzt erstmals wieder zur Diskussion stellte.Etliche Unzulänglichkeiten der Aufführung ließen es zu einer regelrechten Wiederentdeckung allerdings nicht kommen.Striche innerhalb der Arien, wie in den aufführungspraktisch schlimmsten Zeiten üblich, sollte es heute eigentlich nicht mehr geben.Auch die Grundlagen der Verzierungskunst müßten soweit bekannt sein, daß es sich jedem Barocksänger verbietet, Wiederholungen unverziert zu lassen.Das Stimmaterial der jungen Sängerinnen und Sänger, wiewohl nirgends voll durchgebildet, war durchweg entwicklungsfähig.Jana Frey ragte als Talestri mit kontrolliertem Piano und schönem Legato heraus.Mit seinem in der Höhe strahlenden, in der Mittellage wenig resonanzreichen Sopran vermochte Gerson Luis Sales als Oronte vor allem in seiner lyrischen Versöhnungsarie zu überzeugen.Als zweites Paar durften Jeanne Pascale Schulze und der russische Sopran-Counter Oleg Bezinskikh leichtere Stimmen aufbieten, während Cassandra Hoffmann als Oberpriesterin das Hochdramatische nicht erzwingen konnte.

BORIS KEHRMANN

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