zum Hauptinhalt

Kultur: Nigel Kennedy und das Philharmonische Bach Collegium

Es hat natürlich gar nichts mit den Bach-Feiern zu tun, dass Nigel Kennedy nach seinem Jimi-Hendrix-Projekt sich just in diesem Jahr dem Über-Komponisten stellt. Nein, er sei jetzt einfach bereit für Bach, bekundet der Brite.

Es hat natürlich gar nichts mit den Bach-Feiern zu tun, dass Nigel Kennedy nach seinem Jimi-Hendrix-Projekt sich just in diesem Jahr dem Über-Komponisten stellt. Nein, er sei jetzt einfach bereit für Bach, bekundet der Brite. Außerdem habe er in den Berliner Philharmonikern, die ihn als Philharmonisches Bach Collegium begleiten, die richtigen Musiker gefunden: "These motherfuckers can play", lautet das Lob des Geigers mit kultiviertem underdog-Charme. Und tatsächlich sind die als konservativ bekannten Edelmusiker nach einer Tournee mit Kennedy zu etwas verschmolzen, das man nur aus Rock oder Jazz kennt: zu einer Band. Eine verschworene Gemeinschaft streckt sich die Fäuste entgegen, feuert sich an. Sportive Gesten, die das Publikum in der vollbesetzten Philharmonie derart lockern, dass Applaus leicht aus ihm herausbricht.

Seine Kanne Tee, die Nigel Kennedy stets vor Konzerten zu trinken pflegt, zeigt auch bei Bachs Violinkonzerten Wirkung: Hellwach und geradezu versessen auf fetzige Rhythmik fliegt er durch schnelle Ecksätze, um sich in der langsamen Mitte meditativ zurückzuziehen. Scharfe Schnitte, die unmittelbar einleuchten - und doch glättend wirken, fern von Geheimnissen. Egal, dieser Abend gehört einem Bach, der mit stupender Zielsicherheit eher körperlich denn geistig aufputscht. Die Philharmoniker spenden Wärme, während Kennedy mit schlankem Ton animierend die Pulte umtänzelt. Beim Konzert für Violine und Oboe erreicht die rhythmische Symbiose im Zusammenspiel mit Albrecht Mayer höchste Perfektion, auch wenn die Oboe vor Raserei nicht alle Noten zum Klingen bringen kann. Doch Kennedys Sturz-Bach steckt an: Im letzten Satz des Konzertes für zwei Violinen stampft selbst Daniel Stabrawa heftig den Takt. Da steht ein entfesselter philharmonischer Konzertmeister, kein unnahbarer Musik-Adliger. Der Saal jubelt. "Thank you, cool people." Keine Ursache, Nigel. Du hast es uns leicht gemacht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false