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Nik Nowak, "Installation Shot" in der Berlinischen Galerie, 2014

© Nik Nowak / Berlinische Galerie

Nik Nowak erhält Gasag-Kunstpreis: Zwischen Kunst und Technik: Achtung Drohne!

Nik Nowak bewegt sich an der Schnittstelle von Kunst und Technik. Jetzt erhält er den Gasag-Kunstpreis und zeigt eine großartige Verdichtung seines Schaffens in der Ausstellung „Echo“ in der Berlinischen Galerie.

Viele tun den aktuellen Abhörskandal der NSA und Datenklau von Hackern als harmlos ab, weil sie denken, dass es nichts von Belang bei ihnen auszuspionieren gibt. Sie sollten mal die Berlinische Galerie besuchen. Dort ist das eigene Wort nicht mehr sicher. Eine Drohne spürt mit Sensoren den Kunstbetrachter auf, fährt auf die Person zu, richtet sein Mikrofon aus, erfasst Gespräche und schickt sie über eine riesige Subwoofer-Anlage in die große Halle hinaus. Eine andere reflektiert den Sound per Ultraschalltechnik frontal auf den Angesteuerten, er hört sich doppelt, wie im Echo.

Unbehaglich ist der Gedanke, dass so manch banalen Satz einer Plauderei plötzlich jeder im Raum mithören kann. Der Künstler Nik Nowak schickt den Museumsbesucher in dieses Spiel über Privatheit und Öffentlichkeit. Er ist mit dem Gasag-Kunstpreis ausgezeichnet worden, den die Gaswerke zusammen mit der Berlinischen Galerie alle zwei Jahre an Künstler vergeben, die sich an der Schnittstelle von Kunst und Technik bewegen. Dazu gehört eine Ausstellung im Landesmuseum.

Nowak, geboren 1981 und Absolvent der UdK Berlin, beschäftigt sich schon länger mit mobilen Soundsystemen. Bekannt geworden ist er mit seinem „Panzer“, ein futuristischer Lautsprecher-Koloss mit 4000 Watt-Leistung, eingesetzt auf Technoumzügen und in Clubs, Bildhauerei zwischen Kunst und Party. Was er nun in der Schau „Echo“ präsentiert, ist eine großartige, sehr intelligente Verdichtung seines bisherigen Schaffens. Spielerisches kippt in Bedrohliches. So wirken die Roboter durchaus putzig, wenn sie sich, offensichtlich mit einem anarchischen Eigenleben ausgestattet, ihren Weg durch die Halle bahnen wie ihre Verwandten, der Staubsauger und der Rasenmäher. Zumal sie auf einer Microsoft- Spielkonsolen-Technologie basieren. Doch diese hat sich das Militär bei der Entwicklung von Drohnen inzwischen längst zu eigen gemacht.

Nik Nowak
Nik Nowak

© Berlinische Galerie

Nowaks Kunst oszilliert zwischen Krieg und Frieden, biografisch erklärbar: Aufgewachsen ist er in Mainz. Die Amerikaner unterhielten dort das größte Heeresinstandsetzungswerk außerhalb der USA. Und der junge Bildhauer erinnert sich noch heute daran, wie er als Kind in stabilen Friedenszeiten die schweren Kriegsfahrzeuge zum Übungsplatz hat fahren sehen. Bei aller Überrumpelung schafft Nowak aber auch Rückzugsmöglichkeiten.

Am Ende der Halle hat er eine Kammer eingerichtet, die den Hall schluckt. An der Innenwand hängt eine Steinplatte, in die das Wort „Delethe“ eingemeißelt wurde, eine Neuschöpfung aus dem englischen „delete“ für Auslöschen und „Lethe“, dem mythologischen Fluss des Vergessens. Es ist aber auch der Name einer Internetseite, die Nowak zusammen mit Anwälten eingerichtet hat und über die man testamentarisch verfügen kann, wie einmal mit den eigenen Daten im Netz umgegangen werden soll – auf dass das virtuelle Echo all jener Äußerungen verstummt, die wir im Internet hinterlassen haben.
Berlinische Galerie, Eröffnung am heutigen Donnerstag um 19 Uhr, bis 30.6., Mi-Mo 10-18 Uhr, Katalog (Kerber Verlag) 29,95 €/19,80 €

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