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Die deutsch-nigerianische Musikerin Nneka.

© Patrice Bart Williams

Nneka live in Berlin: Beten für Nigeria

Nneka spielte im Berliner Kesselhaus ein entspanntes Reggae- und Soulkonzert, bei dem sie an die Opfer von Boko Haram erinnerte.

Weiße Quadrate auf schwarzem Grund bilden eine Afrika-Silhouette auf Nnekas langärmeligem Shirt. Ungefähr im vierten Quadrat der vierten Reihe müsste Nigeria liegen. Das Land, in dem Nneka vor 33 Jahren als Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers geboren wurde und aus dem derzeit fast nur Schreckensnachrichten kommen. Erst am Vortag des Konzertes hat die Terrormiliz Boko Haram wieder hunderte Frauen und Kinder aus einer Stadt im Norden gekidnappt. Vielleicht bleibt deshalb die Stimmung an diesem Abend, an dem sicher auch viele an den Flugzeugabsturz in den Alpen denken, stets ein wenig gedämpft.

Den vierten Song widmet Nneka, die mit vollem Namen Nneka Egbuna heißt, den „vielen unschuldigen Leben“, die in letzter Zeit zu Opfern der „religiösen Krise, von Stammeskonflikten und Vorurteilen“ wurden – und schiebt nach dieser fast etwas verharmlosenden Formulierung noch zwei klärende Worte hinterher: Boko Haram. Zu einem sanften Gitarren-Intro faltet sie die Hände um das Mikrofon, schließt die Augen und singt „Africans“. Ein sechs Jahre altes Stück, in dem sie den Bewohnern des Kontinents zuruft, selbst Verantwortung zu übernehmen und aufzuhören, die Kolonialmächte zu beschuldigen. „But now we decide to use the same hatred to oppress our own brothers/ It is so comfortable to say racism is the cause/ But this time it is the same colour chasing and biting us“, heißt es im ungebrochen aktuellen Text.

„Africans“ ist ein Reggae-Song und Offbeat-Rhythmen dominieren auch den Rest des 80-minütigen Konzertes, bei dem Nneka von einer vierköpfigen Band begleitet wird. Die Gruppe legt ihr einen entspannt-federnden Grooveteppich aus, wirkt allerdings streckenweise etwas unterfordert – abgesehen vom Drummer, der mit seinem muskulösen Spiel immer wieder in den Vordergrund drängt.

Gelegentlich weicht Nneka vom Reggae-Kurs ab, was eine schöne Abwechslung ist. Einen frühen Höhepunkt bildet „Babylon“ von ihrem aktuellen vierten Album „My Fairy Tales“, das durch eine Highlife-Gitarre zum Strahlen gebracht wird. Die soul-poppige Nummer „Shining Star“ spielt Nneka in einer reduzierten Version und begleitet sich dabei selbst an der korpuslosen Nylonsaiten-Gitarre, gegen Ende darf der Gitarrist noch einige schicke Deko-Linien hinzufügen. Eine überraschend harte Breakbeat-Gewitter-Variante von Nnekas Hit „Heartbeat“ beschließt das Hauptset, bevor in den Zugaben wieder der Offbeat regiert.

Auch auf Boko Haram kommt die Sängerin, deren Stimme von einer leichten Rauheit überzogen ist, am Schluss noch einmal zurück. In „Pray For You“ prangert die gläubige Christin die Morde der Gruppe an und singt „I still pray for you“. Am Samstag finden in Nigeria die verschobenen Präsidentschaftswahlen statt. Vielleicht hilft beten, dass es dabei und danach friedlich zugeht.

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