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Kultur: Noch immer Gezerre ums Jüdische Museum

Die Nominierung des in der Nähe Berlins geborenen amerikanischen Selfmademans war ein gelungener Coup.In der verfahrenen Situation, in der das Jüdische Museum steckte, konnte nur noch eine Autorität von ganz weit außerhalb helfen.

Die Nominierung des in der Nähe Berlins geborenen amerikanischen Selfmademans war ein gelungener Coup.In der verfahrenen Situation, in der das Jüdische Museum steckte, konnte nur noch eine Autorität von ganz weit außerhalb helfen.

So weit, so richtig; nur daß das Engagement des ehemaligen US-Finanzministers nicht auf den Augenblick des freundlichen Medien-Echos beschränkt bleiben konnte, haben Diepgen und Radunski offenbar nicht bedacht.Denn Blumenthal ist nicht der Mann, sich als Aushängeschild für eine Mogelpackung vorführen zu lassen.Er besteht auf der Autonomie des Jüdischen Museums, vor allem in finanzieller Hinsicht, und er besteht auf der Überlassung des schon heute weltberühmten Gebäudes, das Daniel Libeskind zwar für das Berlin Museum mit Jüdischer Abteilung entworfen, aber in den Augen aller Bewunderer einzig und allein als Jüdisches Museum gestaltet hat.Blumenthal trifft auf zähesten Widerstand.Daß der Leiter der Stiftung Stadtmuseum Berlin, in der Berlin Museum und Märkisches Musem und also auch die Dependance des Jüdischen Museums vereinigt sind, gegen die Verselbständigung einer Einrichung ankämpft, die er selbst nie anders als eine Abteilung seines "Museumskombinates" gesehen hat, kann man ihm nicht einmal verübeln.Immerhin hat sich Reiner Güntzer um den Platzbedarf seines Stadtmuseums zu kümmern, dem der Libeskind-Bau einst als großzügige Erweiterung versprochen worden war.Doch die Kulturverwaltung spielt ein fragwürdiges Spiel (Bericht Seite 28).Hinter formaljuristischen Detailfragen verschanzt, soll die Eigenständigkeit des Museums offenbar doch verhindert werden.Das "Integrative Konzept" vergangener Tage, längst zur bloßen Begriffshülse verkommen, wird beschworen, als ob sich die Welt seither nicht weitergedreht hätte.Tatsächlich aber ist das Berlin von 1998 nicht mehr das West-Berlin der achtziger Jahre.Das vereinte Berlin ist die künftige deutsche Hauptstadt, und auf diese Stadt wird - wie Ernst Reuter es einst beschwor - die Welt schauen.Sie wird nicht zuletzt darauf schauen, wie Berlin, wie die Deutschen mit der NS-Vergangenheit umgehen, wie mit ihren Minderheiten, wie ganz besonders mit ihren jüdischen Bürgern.Zu alledem wird auch ein Jüdisches Museum Stellung nehmen, sei es explizit, sei es durch seine bloße Existenz.Schon der Libeskind-Bau, diese singuläre und großartige Schöpfung, ist Verpflichtung genug, ein eigenständiges Jüdisches Museum zu schaffen.Wenn die Kulturverwaltung darauf nicht endlich die angemessene Antwort findet, darf man auf Michael Blumenthals Donnerwort gespannt sein. BS

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