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Verloren in Absurdistan. Szene aus "Sunny Days". Der kasachische Regisseur Nariman Turebajev zeichnet in seinem Debütfilm ein sarkastisches Bild seines Landes.

© Peripher

Noch schwärzer als Kaurismäki: Stille Tage in Almaty

Ein Mann ohne Eigenschaften und ein sarkastisch-philosophisches Debüt aus Kasachstan: „Sunny Days“ von Nariman Turebajew.

Hans im Pech könnte man diesen jungen Mann nennen, der seine Niederlagen im Voraus weiß. Er verpasst die Verabredung mit der Freundin um einen ganzen Tag, verliert den Freund wegen einer dummen Geschichte, verliert auch Geld und Führerschein und damit die Chance auf eine feste Anstellung. Telefon und Strom sind abgeschaltet, die Zwangsräumung droht. Wegen seines melancholischen Gesichts würde der Mann ohne Namen gut in einen Film von Aki Kaurismäki passen, wofür auch der reichliche Alkoholkonsum des Steppensohns spricht. Aber die anarchische Wut der Finnen geht ihm und den anderen Figuren dieses Debütfilms von Nariman Turebajew völlig ab – und damit leider auch ein Sympathiepunkt.

Weder das Klavier wird gestimmt werden, auf dem der schwule Wohnungsnachbar die „Mondscheinsonate“ spielt, noch die Gitarre, auf der der Held ein Lied von sonnigen Tagen anstimmt, um nach wenigen Takten resigniert abzubrechen. Der kasachische Regisseur, Jahrgang 1970, hat einen Film mit russischen Dialogen gedreht, der sich durch seinen stenografisch anmutenden Stil auszeichnet: elliptische Erzählweise, ein fast selbstverliebtes Interesse an Details wie den wiederholten Griff zum Wandkalender. Jeden Morgen wird ein Blatt abgerissen und zerknüllt, als wäre der Tag sowieso nichts wert. Während sich andere mittelasiatische Regisseure bislang als listig verschmitzte Geschichtenerzähler erweisen, betreibt Nuriman Turebajew in „Sunny Days“ eine fast verzweifelte Schwarzmalerei. Natürlich wirft sein Fatalismus auch ein Licht auf den Perspektivverlust der jungen Generation in diesem keineswegs armen Land.

In Inkar Abdrash, dem Hauptdarsteller, könnte der Debütfilmer den Prototyp des Pessimismus schlechthin gefunden haben. Fast nie hellt sich seine Miene auf, nicht mal bei Frauen und erst recht nicht beim wohlgemuten Geklimper von Tschaikowskis „Schwanensee“ hinter der Wand. Auch die anderen Protagonisten scheinen sich ihres Lebens nicht gerade zu erfreuen. Dazu passt der schmutzige Februar-Schnee auf den Straßen der früheren kasachischen Hauptstadt Almaty. Und die Felsenwüste, die der Mann ohne Eigenschaften und sein russischer Fahrgast bei einer Spritztour minutenlang schweigend betrachten. Es hatte ein Ausflug in die Natur werden sollen.

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