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Farbstachel. Emil Nolde: Sommerblumen und Kakteen.

© Nolde Stiftung Seebüll

Nolde und Schmidt-Rottluff im Brücke-Museum: Wildnis in der Amtsstube

Pflanzen als Exotik, Pflanzen als Zimmerschmuck: Das Brücke-Museum stellt Werke von Emil Nolde und Karl Schmidt-Rottluff gegenüber, in denen sie sich der Flora annähern.

Ihre ersten Impulse erhielten die Künstler der Brücke in der Südseeabteilung des Dresdner Völkerkundemuseums. Das ist bekannt. Das Malen und Zeichnen in freier Natur übten sie an den Moritzburger Seen in Sachsen. Auch das ist nichts Neues. Wie sehr aber auch die exotischen Pflanzen aus Übersee Emil Nolde und Karl Schmidt-Rottluff beeindruckt haben, erfährt man jetzt aus einer kleinen, aber üppigen Ausstellung im Brücke-Museum.

Spitze Strelitzien und stachelige Kakteen wirken wie geschaffen für die Brücke-Kunst, die das unverfälschte Gefühl abbilden will, und das war meist kompliziert. Emil Nolde studierte schon in seinem Garten auf der Insel Alsen einheimische Pflanzen. Im Haus in Seebüll gediehen Kakteen, deren seltene Blüten seine Frau Jolanthe fotografierte.

Während der Südseereise, die Nolde mit seiner ersten Frau Ada 1913 antrat, zeichnete er wie ein Getriebener die fremde Umgebung. Aus diesem Fundus schöpfte er später für seine Naturbilder. Im Brücke-Museum sind prächtige Aquarelle zu sehen. Nolde wählt einen engen Ausschnitt, holt die Blüten ganz nah heran und verzichtet auf Hintergrund. Für Blumenliebhaber ergänzt das Museum die süffigen Bilder von strahlend weißen Kakteenblüten, knallblauen Hyazinthen oder rotem Klatschmohn durch botanische Details.

Unterschiedliche Herangehensweisen ans Motiv

Die Strelitzie etwa, die im südlichen Afrika zu Hause ist, wurde bei ihrer Ankunft in Europa nach der Frau des britischen Königs George III. benannt. Sophie Charlotte war eine Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz. Die Hyazinthe erinnert an den spartanischen Königssohn Hyakinthos, den Götter und Menschen um seine Schönheit beneideten. Als er durch einen Diskus getötet wurde, wuchs aus der Blutlache eine ebenso schöne Blume heran. Bei den Tulpen schließlich, von denen Karl Schmidt-Rottluff drei weiße Blüten malt, verweist der Name auf die Form. Dulband heißt im Persischen der Turban.

In der Gegenüberstellung lässt sich erkennen, wie unterschiedlich sich die beiden Maler dem gleichen Motiv nähern. Schmidt-Rottluff geht auf Distanz. In seinen späten Bildern zeigt er die Blumen in ihrem künstlichen Umfeld, dem Topf oder der Vase. Den häuslichen Hintergrund deutet er nur an. Er bevorzugt silbrig schimmernde Blüten und wagt sich sogar in Schwarz-Weiß an die berüchtigte Bromelie heran. Die gefleckte Pflanze mit den lanzenförmigen Blättern verstaubt oft in Amtsstuben. Während Nolde in der exotischen Flora aufgeht, macht Schmidt-Rottluff die Pflanzenwelt zum Bestandteil seines Heims. Während Nolde die Natur in einer idealisierten Wildnis lässt, sind die prächtigen Blüten bei Schmidt-Rottluff zu Zimmerpflanzen mutiert. Da wirkt auch die einst wilde Kunst wie gezähmt.

Brücke-Museum Berlin, Bussardsteig 9, Mi bis Mo 11–17 Uhr, bis 8. 1.

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