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Kultur: Nordallianz

"Es gibt etwa 520 Orte in Berlin, an denen wechselnde Kunstausstellungen zu sehen sind - von der Kneipe bis zum Museum", schätzt Hanspeter Heidrich, Redakteur des monatlich erscheinenden Berliner Kunstkalenders. Noch 1972 hatte der Journalist für das damals im Westen erscheinende "Berliner Kunstblatt" 37 Ausstellungsstätten gezählt.

"Es gibt etwa 520 Orte in Berlin, an denen wechselnde Kunstausstellungen zu sehen sind - von der Kneipe bis zum Museum", schätzt Hanspeter Heidrich, Redakteur des monatlich erscheinenden Berliner Kunstkalenders. Noch 1972 hatte der Journalist für das damals im Westen erscheinende "Berliner Kunstblatt" 37 Ausstellungsstätten gezählt. Seitdem verfolgt der Journalist den rasanten Zuwachs an Galerien, Institutionen und Projekträumen: Jeden Monat kommen etwa zehn dazu, fünf schließen wieder. Zieht man die öffentlichen Institutionen ab und versucht, die vielen Freizeitprojekte aus- und die professionell arbeitenden Galerien einzugrenzen, bleiben immer noch 200-300, die mit regelmäßigem Programm der Anforderung einer Kunstmesse genügen.

Diese wachsende Konkurrenz macht es den Galeristen immer schwerer, Profil und Publikum zu gewinnen, vor allem, wenn sie nicht unmittelbar an den "Rennstrecken" in Charlottenburg oder Mitte angesiedelt sind. "Allianzen helfen", dachte sich der Galerist und erklärte Netzwerker Markus Richter und initiierte den ersten Rundgang "Kunst Mitte Nord", der heute zwischen 19 und 23 Uhr stattfindet. Das eigens entworfene Faltblatt zeigt das Spektrum des Areals nördlich der Torstraße: vom Neuen Berliner Kunstverein, der gestern eine Ausstellung mit Arbeiten der Amerikanerin Elaine Sturtevant eröffnete (Chausseestraße 128 / 129) bis hin zu eher trashig-charmanten Künsterlinitiativen wie "WBD", die aktuell unter dem schönen Titel "Tönende Jugend" eine Ausstellung von Gregor Hildebrandt zeigen (Brunnenstraße 9), oder SparwasserHQ, wo momentan das "Büro für sozialpolitische Raumfahrt" gastiert (Torstraße 161).

Neben den inzwischen arrivierten Galerien Markus Richter, Koch und Kesslau, Schuster & Scheuermann, Wieland oder Juliane Wellerdiek sind es Projekträume und Künstlerinitiativen, die den noch erschwinglichen "Sanierungsfall Nord" interessant machen. Im Hinterraum der Galerie Richter lädt etwa das Zagreus Projekt zur Ausstellung "Feldversuch" ein. Die Künstler Folke Köbberling und Martin Kaltwasser dokumentieren das eigene Essverhalten. Dazu passende "Lichtmenüs" bietet der Initiator des Kunstraums, Ulrich Kraus, nach Anmeldung an (www.zagreus.net). Nachwuchsförderung gibt es auch in der Kunstbank in der Senatskulturverwaltung, wo jeweils zwei Stipendiaten ausstellen (Brunnenstraße 188 / 190). Zurzeit entwickelt Karin Rosenberg in einer Wandarbeit ihre Installation "Graue Zellen" weiter, Andrea Pichl ironisiert in einer Computeranimation den tristen Büro (oder Galerie?)-Alltag.

Eitel Sonnenschein in Mitte-Nord? Nicht ganz: Der Projektraum Neues Problem vermeldet nach Kündigung die letzte Ausstellung (Ackerstraße 18), und auch die Lisa Lounge (Invalidenstr. 3 - 4), wo ab 23 Uhr die Abschlussparty des Riot-Rundgangs geplant ist, wird danach ihre Betreiber wechseln. Es lohnt sich also, schnell zu gucken: auf in den Norden!

Katrin Wittneven

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