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Kultur: "Nutzen wir die Intimität des Hauses!" Gespräch mit dem künftigen Chefregisseur der Komischen Oper

Warum binden sie sich überhaupt an ein Haus? Sie sind doch als freier Regisseur ganz erfolgreich.

Warum binden sie sich überhaupt an ein Haus? Sie sind doch als freier Regisseur ganz erfolgreich.

2002 werde ich 10 Jahre Regiearbeit und Herumfahren hinter mir haben.Das mag zwar immer internationaler und toller werden, aber irgendwann fragt man sich: Wo führt es hin? Ich möchte gerne über das Eine-Oper-nach-der-anderen-Inszenieren hinaus, deshalb setze ich mich im Moment auch mit Film auseinander und werde Schauspiel inszenieren.Als Chefregisseur an der Komischen Oper kann ich über meine eigene Arbeit hinaus Stellung nehmen und meine Idee einer Musiktheater-Werkstatt verwirklichen, in der Leute mit dem gleichen Ethos und verschiedenen künstlerischen Ansichten zusammenwirken.

Das bedeutet, daß Sie auch über Ihre eigene Inszenierungstätigkeit hinaus am Haus anwesend sein werden?

Mein Vorbild ist da ein Haus wie Amsterdam.Die haben einen Intendanten, der zugleich Regisseur ist, aber sich auch um den Betrieb kümmert, moderierend wirkt und mit den Gastregisseuren diskutiert.Das heißt zugleich aber auch, daß ich selber weniger inszenieren werde.Im Moment mache ich drei neue Stücke pro Jahr und bin damit ziemlich ausgelastet.Ab 2002 werden es wohl nur noch eins pro Jahr an der Komischen Oper und eins auswärts sein.

Diese Moderationsaufgaben kann doch auch ein Intendant übernehmen.Wozu braucht die Komische Oper denn noch zusätzlich einen Chefregisseur?

Ich glaube, daß diese Struktur wichtig ist, um das besondere Profil der Komischen Oper zu bewahren.Die Bindung an Chefregisseure, an Felsenstein, an Kupfer hat ja erst ermöglicht, daß das Haus zu DDR-Zeiten wichtige künstlerische Impulse geben konnte.Die Komische Oper ist nun einmal ein Kind der DDR, und es ist wichtig, durch so eine Kontinuität zu zeigen, daß nicht alles, was von dort kam, hinfällig ist.In einer anderen Leitungsstruktur - und erst recht durch eine Eingemeindung im Rahmen einer Generalintendanz - würde die eigene Farbe der Komischen Oper verloren gehen.Ich sehe mich in der Verantwortung, diese Tradition zu respektieren und gleichzeitig neu zu befragen.

Bedeutet das, daß sich auch die Traditionen "Oper auf Deutsch" und "Ensembletheater" neu rechtfertigen müssen?

Ein Ensemble definiert sich heute ohnehin anders als früher, die Gagen für Sänger sind inzwischen so hoch, daß gute Leute fast nur noch frei arbeiten.Sie haben doch überall nur noch kleine Stammensembles und besetzen alle großen Partien mit Gästen.Ensemblearbeit heißt heute, daß die Besetzungskontinuität für ein Stück gewahrt bleibt.Die Tradition der Deutschsprachigkeit sehe ich erstmal auch als Vorteil: Wir sind eben nicht gezwungen, Werke in Originalsprache aufzuführen und können uns da auch auf Experimente wie zum Beispiel gemischtsprachige Aufführungen einlassen.Das paßt auch zu dem Werkstattcharakter, den ich mir vorstelle.

Das Profil der Komischen Oper definiert sich auch übers Repertoire.Werden Sie versuchen, den beiden großen Opernhäusern Konkurrenz zu machen?

Wenn wir das Gleiche machen würden wie die anderen, nur kleiner, wäre das natürlich sinnlos.Wir müssen vielmehr versuchen, die Intimität des Hauses zu nutzen.Ich wünsche mir da Mozart, Spieloper, Rossini.Natürlich könnten wir theoretisch auch Stücke wie die "Meistersinger" machen, aber dann müßten wir schon mit einer wahnsinnig genialen Idee aufwarten, die das rechtfertigt.

Auch wenn Sie erst 2002 starten, nehmen Sie schon jetzt Einfluß auf die künstlerische Planung an der Komischen Oper?

Wir sind jetzt schon dabei, für 2002 zu planen, und ich habe auch schon Gespräche mit einigen Regisseuren geführt.Natürlich lasse ich mir auch andauernd durch den Kopf gehen, wie wir die künstlerische Planung optimieren können.Wir werden zum Beispiel mehr Premieren bringen müssen und versuchen, die innovative Organisation solcher Häuser wie Brüssel und Amsterdam mit unserem kontinuierlichen Spielbetrieb in Übereinstimmung bringen.Aber davon abgesehen halte ich mich aus der künstlerischen Planung bis 2002 heraus und werde hier im nächsten Jahr nur die "Lustige Witwe" inszenieren.Und ansonsten genieße ich einfach noch meine Freiheit.

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