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Obama-Satire: Sehr witzig

Trotz der Liebe zum schlagfertigen Witz kennen die USA kaum noch Humor und kein Pardon, wenn es um Religion, Patriotismus und nationale Symbole geht. Warum die Obama-Satire keine Geschmacksfrage ist.

Natürlich hat Barack Obama das einzig Vernünftige getan, indem er das Titelbild der jüngsten Ausgabe des amerikanischen Intellektuellen- und Großstädter-Magazins „The New Yorker“ zunächst nicht explizit kommentierte. Aber jetzt hat er in einem Fernsehinterview noch angemerkt, dass ihn die Sache zwar nicht tangiere, er indes glaube, dass „bei dem Versuch, etwas satirisch darzustellen“, unfreiwillig „einige Missverständnisse“ über ihn transportiert würden.

Auch damit hat der demokratische Kandidat – unfreiwillig – recht. Doch den wirklich springenden Punkt kann Obama, will er seine Chancen auf die US-Präsidentschaft wahren, hier gar nicht ansprechen. Zur Erinnerung: Auf dem Umschlag prangt, wie immer beim „New Yorker“, eine handgezeichnete Karikatur im liebevoll altmodischen Stil einer 20er-Jahre-Zeitschrift des letzten Jahrhunderts. Aber, wie weltweit berichtet, ist das Motiv diesmal ein Bömbchen. Oder doch nur ein Knallfrosch?

Jedenfalls zeigt es das Ehepaar Michelle und Barack bereits im Weißen Haus: sie mit Afro-Frisur, im Kampfanzug und mit Sturmgewehr und Patronengurt, er in Sandalen und Muslim-Look, an der Wand des angedeuteten Oval Office (hier oben ein Ausschnitt) hängt ein Porträt wohl von Osama bin L. und im Kamin darunter bruzzelt ein Sternenbanner.

Mehr bewusste Fiktion und Sarkasmus sind schwer denkbar. Aber Amerika ist anders als das englische Mutterland. Trotz der verwandten Liebe zum schlagfertigen Witz kennen die USA kaum noch Humor und kein Pardon, wenn es um Religion, Patriotismus und nationale Symbole geht.

Zu jeder anderen Zeit hätten die Obamas über diese aberwitzige Geschichte der O.’s vielleicht lachen können. Doch jetzt ist Wahlkampf, und innerlich knurren die beiden vermutlich ein „We are not amused“. Denn sie können mit Rücksicht auf viele Wähler nicht offen aussprechen, worum es in der Satire des liberalen „New Yorker“ tatsächlich geht. Die Herausgeber beteuern, dass sie nur die Ressentiments der Obama-Gegner karikieren wollten: in Gestalt der verdächtig emanzipierten, explosiv kämpferischen Black Lady (einer Rechtsanwältin, die einmal die Vorgesetzte ihres jetzigen Mannes war) und des Irakkriegsgegners Barack, der mit dem zweiten Vornamen Hussein heißt und einen Teil seiner Kindheit im überwiegend muslimischen Indonesien verbracht hat. Jedoch christlich erzogen wurde.

Als Anfang der 90er Jahre gerade einige spektakuläre Weltrekorde annulliert und die finanziellen Kosten der deutschen Einheit immer heftiger diskutiert wurden, brachte die Satire-Zeitschrift „Titanic“ ein Titelbild mit einem monströs angeschwollenen Kopf des damaligen Bundeskanzlers und der Schlagzeile: „Gottseidank: Wiedervereinigung ungültig - Kohl war gedopt!“ Auch das spielte virtuos mit den Ressentiments, im deutschen Osten und Westen. War aber harmlos. Während die virulenten Vorurteile von Millionen Weißen der unteren US-Mittelschicht, auf die nun der „New Yorker“ anspielen will, das Schicksal des schwarzen Kandidaten entscheiden können. Das ist der heikle Unterschied.

Die umstrittene Karikatur hat übrigens einen Titel: „The Politics of Fear“. Sie spiegelt im Zerrbild Obamas politisch inkorrekt, aber satirisch wahr auch das Zerrbild, den Brainwash, mit dem der jetzige Präsident seit fast sieben Jahren regiert. Geschmacklos? Als wären Irak oder Guantanamo noch eine Geschmacksfrage.

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