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Kultur: Ödipus Fex

Ang Lee belebt das Comic-Ungeheuer „Hulk“

Wie Flaschengeister befreien sich die Comic-Helden in den letzten Jahren von ihrer beengten Vierfarbdruck-Existenz und stürmen digital animiert auf die Leinwand. Nach „Blade“, „X-Men“, „Spider-Man“ und „Daredevil“ komplettiert Ang Lee mit „Hulk“ nun das Arsenal der Reinkarnationen aus dem Comic-Imperium des Marvel-Verlags.

Ang Lee? Arthouse-Puristen wittern Verrat. Popcorn-Cineasten schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Dabei ist der gebürtige Taiwanese ein bekennender Genre-Hopper, der das Naheliegende immer gemieden hat. An Jane Austen („Sinn und Sinnlichkeit“) hat er sich ebenso erfolgreich versucht wie an den Mythen des amerikanischen Bürgerkrieges „„Ride with the Devil“) oder den Traditionen des Martial-Arts-Films („Tiger & Dragon“).

Andererseits: Hulk ist der Außenseiter in der Marvel-Familie. Ein tragischer Held, der mit seiner schizophrenen Existenz hadert. Ein Monster, geboren aus den Angstfantasien des Kalten Krieges. In einem Labor des Pentagon hat der Vater in den 60ern genetische Selbstversuche betrieben. 30 Jahre später entdeckt Sohn Bruce (Eric Bana) das Tier im Manne und verwandelt sich in einen grünen, wütenden Riesen. Fast eine Stunde lässt Ang Lee sich mit dem ersten Auftritt des Monsters Zeit und entwirft immer wieder sein psychologisches Grundraster, das den Konflikt als ödipales Drama zwischen Vater (Nick Nolte) und Sohn in Szene setzt.

Dabei tut Lee nicht so, als gelte es, das Kino digital neu zu erfinden. Im Gegenteil: „Hulk“ wird fest in seinem Entstehungskontext der 60er Jahre verankert und von Kameramann Frederick Elmes („Der Eissturm“) mit stimmungsvollem Retrolook glasiert. Immer wieder verbeugt sich Lee vor den Klassikern des Monsterfilms, von „King Kong“ über „Frankenstein“ bis „Dr.Jekyll and Mr.Hyde“. Trotz der sechs Terrabyte an Datenmaterial, die Industrial Light & Magic verarbeitet hat, wirkt „Hulk“ eher nostalgisch und entwickelt aus dem Ringen um eine filmische Identität zwischen Genretraditionen und Popcornkino einen eigenen Stil.

In 13 Berliner Kinos, OV im CineStar Sony-Center und Odeon

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