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Kultur: Ohne Schnörkel

Zum Tod des Tänzers Antonio Gades

„Nicht tänzerische Berufung, sondern der Hunger hat mich angetrieben.“ Antonio Esteve Ródenas, 1936 bei Alicante geboren, kam von ganz unten. Als Kind musste er die Schule abbrechen, um zum Lebensunterhalt seiner Familie beizutragen. Doch schon mit 16 Jahren wurde er in die Madrider Tanzkompagnie von Pilar López aufgenommen: Sie hatte Antonios Begabung entdeckt, gefördert und ihm den Künstlernamen „Gades“ verpasst. Neun Jahre blieb er dort als erster Tänzer, 1961 gründete er sein eigenes Ensemble und debütierte ein Jahr später an der Mailänder Scala: Im rückständigen und kulturell abgeschotteten Franco-Spanien war das damals eine außerordentliche Karriere.

Gades, der bei Pilar López vor allem im klassischen Ballett geschult wurde, ließ in den Tanz immer wieder sein talentiertes Gespür für den Flamenco einfließen. Als Tänzer gab er sich schnittig, äußerst elegant, beschränkte seine kraftvollen Bewegungen aber aufs Wesentliche. Auch als Choreograf, etwa in seinen Bearbeitungen von Manuel de Falla oder García Lorca, verzichtete er auf jegliches Schnörkelwerk in Ausführung und Ausstattung. Im Vordergrund sollte allein die Handlung stehen.

Solche Sparsamkeit, die in den Achtzigerjahren bereits einen konservativen Beigeschmack hatte, herrschte dann auch in den Filmen „Bluthochzeit“, „Carmen“ und „Liebeszauber“ vor. Erst mit dieser Trilogie von Carlos Saura wurde Gades einem breiten internationalen Publikum bekannt. Inzwischen gilt Antonio Gades, von einheimischen wie ausländischen Preisen überhäuft, als einer der besten Tänzer Spaniens. Seine letzte Choreografie, die auf Lope de Vegas Dreiakter „Fuenteovejuna“ basiert, erntete Beifall in der ganzen Welt. Noch im Juni nahm Gades in Havanna den José-Martí-Orden entgegen, die höchste kubanische Auszeichnung für Künstler. Zu Fidel Castro sagte der überzeugte Kommunist: „Ich habe mich nie als Künstler gesehen, sondern stets als Milizionär in olivgrüner Kluft.“ Am Dienstag ist Gades 67-jährig in einem Madrider Krankenhaus seinem Krebsleiden erlegen.

Roman Rhode

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