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Kultur: Ohr d’ œuvre

Die neuen Lunchkonzerte in der Philharmonie

Auf diesen Erfolg war Pamela Rosenberg nicht gefasst: 200 Zuhörer hatte sich die Intendantin der Berliner Philharmoniker für die kostenlosen Lunchkonzerte erhofft, die nun jeden Dienstag um 13 Uhr stattfinden sollen – 600 Menschen stürmten vergangene Woche beim Start der Aufführungsserie das Foyer. Die Idee ist aber auch bestechend: Zur Mittagspause gleich mehrere Sinne verwöhnen, eine halbe Stunde Musik als Ohr d’ œuvre, dann ran ans kalte Buffet in Scharouns edler Konzerthalle. Auch gestern waren um 12.45 Uhr bereits alle Stühle vergeben, und als der philharmonische Geiger Stanley Dodds mit seinem Pianisten Vladimir Stoupel zu Leos Janaceks Violinsonate ansetzte, saßen die Besucher auch auf Treppen und Emporen, lehnten an Wänden und über Geländern.

Rosenbergs Ursprungsgedanke, mit den Lunchkonzerten Manager und Macher vom Potsdamer Platz sowie vorbeiflanierende Touristen spontan in die Philharmonie zu locken, ist damit natürlich ad absurdum geführt: Nur frühes Erscheinen sichert die besten Plätze – nach der berüchtigten deutschen Urlaubertaktik, sein Handtuch schon vor dem Frühstück auf die Pool-Liege zu werfen. Der Australier Dodds, seit 1994 bei den Philharmonikern, muss sich den Kopf über solche strategischen Fragen natürlich nicht zerbrechen, sondern kann sich einfach über die „zahlreiche Erscheinung“ freuen, über ein hoch aufmerksames Publikum, das sich bereitwillig auf die komplexen, sperrigen Werke von Janacek und Maurice Ravel einlässt. Das Foyer lauscht, Philharmoniker-Kollegen wie Emmanuel Pahud und Olaf Maninger schauen vorbei, Pamela Rosenberg lässt den Blick zufrieden lächelnd über die Massen schweifen. Die Berliner Klassik-Szene, so scheint es, hat einen neuen Jour fixe.

Empfindlich für Nebengeräusche dürfen die Lunchkonzertgänger allerdings nicht sein: Denn so überraschend klar und präsent sich der Klang der Instrumente im Foyer entfalten kann, so deutlich trägt die Akustik auch Schlüsselklirren oder Bauarbeiter-Gehämmer von außen weiter. Frederik Hanssen

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