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Oper: Bayreuther Festspiele eröffnet

Mit Christoph Marthalers mit Spannung erwarteter Neuinszenierung von "Tristan und Isolde" sind am Montag in Bayreuth die 94. Richard- Wagner-Festspiele eröffnet worden.

Bayreuth (25.07.2005, 18:33 Uhr) - An der Spitze der Ehrengäste aus Politik, Wirtschaft und Showgeschäft standen Bundespräsident Horst Köhler, sein portugiesischer Amtskollege Jorge Sampaio und der kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader. Acht Wochen vor der geplanten Bundestagswahl nutzten viele Bundespolitiker die Inszenierung des Schweizer Regisseurs Marthaler, um sich vor hunderten von Zaungästen sowie Dutzenden von Kameraleuten und Fotografen selbst in Szene zu setzen.

Mit viel Applaus wurde Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel in einem lachsfarbenen Zweiteiler aus Seide beim Besuch ihrer Lieblingsoper empfangen. Die CDU-Chefin zählt ebenso wie Ex- Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, Altbundespräsident Walter Scheel und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) zu den Stammgästen in Bayreuth. Jahr für Jahr entfliehen auch Bundestags- Vizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne) und der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Günter Verheugen, bei Wagners Musik für ein paar Stunden dem politischen Alltag.

Die Bundesregierung war bei der Eröffnung mit Finanzminister Hans Eichel, Justizministerin Brigitte Zypries (beide SPD) sowie Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) vertreten. Den grünen Koalitionspartner am «Grünen Hügel» repräsentierte Parteichefin Claudia Roth. Auf dem roten Teppich betraten auch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle und sein Freund das von Richard Wagner ausschließlich für die Aufführung seiner Werke erbaute Festspielhaus. Sie alle wurden von Festspielleiter Wolfgang Wagner (85), seiner Frau Gudrun (60) und Tochter Katharina (27) am Königsportal persönlich begrüßt.

Für Glanz und Gloria bei der farbenfrohen Auffahrt der Ehrengäste sorgten auch Showmaster Thomas Gottschalk, Margot Werner, Fürstin Gloria von Thurn von Taxis, TV-Moderatorin Carolin Reiber und Schauspieler Christian Wolff.

Nach den Terroranschlägen in London und Scharm el Scheich wurden die Sicherheitsvorkehrungen am «Grünen Hügel» weiter verschärft. Erstmals in der Nachkriegsgeschichte der Festspiele mussten die knapp 2000 Premieren-Gäste beim Betreten von Wagners Musentempel Taschenkontrollen über sich ergehen lassen. Die Polizei hatte rund 250 Beamte im Einsatz.

Der erste Aufzug der insgesamt vierstündigen Neuinszenierung «Tristan und Isolde» wurde vom Publikum mit viel Beifall aufgenommen. Begeisterte Zustimmung erntete vor allem Bayreuths neue Isolde, die schwedische Sopranistin Nina Stemme. Marthaler und Anna Viebrock (Ausstattung) interpretieren Richard Wagners Liebesdrama als eine «Aufhebung der Zeitgesetze», die ein «Übereinander von Räumen und Gedanken» erzeugt, wie sie in einer Erläuterung der Inszenierung schrieben.

Das Schiff des ersten Aufzugs ist ein geschlossener, holzgetäfelter Raum. Bereits beim Orchestervorspiel, von dem japanischen Dirigenten Eiji Oue weich und lyrisch angelegt, ist der Vorhang offen, und es wird langsam heller. Leuchtstoffröhren verbreiten teils fahles, teils strahlendes Licht. Polstermöbel symbolisieren die Wohnlandschaft eines frühen Ozeandampfers.

In dieser Atmosphäre bringt Tristan, von Robert Dean Smith solide, aber ohne große Ausstrahlung dargestellt, die irische Königstochter Isolde nach Kornwall, wo sie König Marke heiraten soll. Doch die beiden Titelfiguren in der romantischen Wagner-Oper entbrennen in aussichtsloser Liebe zueinander.

Anders als im Vorjahr blieben bei der 94. Auflage der Festspiele Skandale und Auseinandersetzungen bislang aus. Neben «Tristan und Isolde» steht erneut die heftig diskutierte «Parsifal»-Inszenierung von Christoph Schlingensief auf dem Spielplan. Komplettiert wird das Programm von «Lohengrin» in der Regie von Keith Warner, Claus Guths «Der fliegende Holländer» und Philippe Arlauds «Tannhäuser».

Die 30 Vorstellungen sind bereits seit Monaten restlos ausverkauft. 2006 inszeniert Tankred Dorst die Tetralogie «Der Ring des Nibelungen» neu. 2007 führt Katharina Wagner mit den «Meistersingern von Nürnberg» erstmals Regie im Theater ihres Urgroßvaters. (tso)

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