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Kultur: Opernreform: Keine Experimente

Es sollte eine wirklich große Reform werden. Gründlich umkrempeln wollte Christoph Stölzl Berlins Opernszene, Schluss machen mit der Ressourcenverschwendung und der Repertoirekonkurrenz an den drei Hauptstadtbühnen, sie endlich zu eigenständigen Profilierungen bewegen.

Es sollte eine wirklich große Reform werden. Gründlich umkrempeln wollte Christoph Stölzl Berlins Opernszene, Schluss machen mit der Ressourcenverschwendung und der Repertoirekonkurrenz an den drei Hauptstadtbühnen, sie endlich zu eigenständigen Profilierungen bewegen. Aufräumen wollte Stölzl vor allem mit dem Kräfte zehrenden Wettstreit zwischen Deutscher Oper und Staatsoper um die besseren Wagner- und Strauss-Aufführungen. Das hätte auch das Ende der Regentschaft zweier Generalmusikdirektoren bedeutet, die all ihren Ehrgeiz daran wendeten, dieses schwere deutsche Fach möglichst auf Top-Niveau aufzuführen. Für Entdeckungsreisen in andere Opernwelten zeigten beide nur sporadisch Interesse.

Von Anfang an war allen Beteiligten klar, dass sich dieses Ziel der Stölzl-Reform nur mit neuen Chefdirigenten an der Spitze der konkurrierenden Häuser erreichen ließ. Die Chancen für einen Neuanfang standen noch vor einem Vierteljahr günstig: An der Deutschen Oper hatte Christian Thielemann seinen Posten im Kompetenzstreit mit dem designierten Intendanten Udo Zimmermann aufgekündigt; der Vertrag mit dem vorgesehenen Nachfolger Fabio Luisi war bereits unterschriftsreif. Den anderen Wagner-Giganten, Daniel Barenboim, hatte Stölzl mit diplomatischen Hinhaltemanövern schon fast aus dem Orchestergraben der Lindenoper hinausbugsiert. Jetzt bleiben beide, und das zentrale Reformanliegen der Schaffung einer größeren künstlerischen Vielfalt hat sich damit wohl endgültig erledigt. Den Kontrahenten kann man das am allerwenigsten vorwerfen: Beide haben wiederholt klar gemacht, dass sie in Berlin bleiben wollen; beide sind nach wie vor wichtige und eigenständige Farben im Kulturleben Berlins. Versagt hat dagegen die Kulturpolitik, die gleich doppelt eingeknickt ist: Vor der Einmischung des Bundes, der mit seiner Millionen-Spende in letzter Minute die Weichen für Barenboims Verbleib stellte und vor dem Lobbyismus der Berliner Politik, die in den letzten Monaten massiv die populistische Entscheidung zu Gunsten des Berliners Thielemann betrieb.

Jetzt muss der Senat nur noch sehen, wie er das Geld für die absehbare Gehaltserhöhung Thielemanns auftreibt. Am besten, man fragt den Bund. Und schickt gleich ein Dutzend Freikarten für die nächste Wagner-Aufführung mit.

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