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Kultur: Oscar und Lucinda

Kostümfilme sind eine diffizile Sache.Entweder man macht von vorneherein einen opulenten Schinken wie etwa "Titanic", der einfach gute Unterhaltung sein will, oder man hat mehr im Sinn als nur zu schwelgen.

Von Susanna Nieder

Kostümfilme sind eine diffizile Sache.Entweder man macht von vorneherein einen opulenten Schinken wie etwa "Titanic", der einfach gute Unterhaltung sein will, oder man hat mehr im Sinn als nur zu schwelgen.Dann muß man allerdings sehr aufpassen, daß nicht die Darsteller und mit ihnen jeder tiefere Sinn vom schieren visuellen Gewicht der Ausstattung plattgedrückt werden.Martin Scorsese ist es in "Zeit der Unschuld" gelungen, die prunkvolle Ausstaffierung als Kommentar für die Enge der dargestellten Welt zu nutzen.In Jane Campions "Portrait of a Lady" dagegen schoben sich Requisiten und Kostüme vor die eigentliche Aussage."Oscar und Lucinda" scheitert am selben Problem.

Oscar (Ralph Fiennes) und Lucinda (Cate Blanchett) sind Außenseiter in einer Zeit gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Umwälzungen.Die Industrielle Revolution hat Sydney erreicht, die Neue Welt befindet sich im Aufbruch.Oscar, geprägt von einer erbarmungslosen protestantischen Erziehung sowie dem Selbstmord seiner Mutter, und die fast ebenso verletzliche, eigensinnige Lucinda sind zwanghafte Spielernaturen und Freigeister.Ihre Suche nach einem eigenen Weg gleicht einer Gratwanderung, bei der bald alles auf dem Spiel steht.Lucinda besitzt eine Glasfabrik, und die beiden wetten um alles, was sie haben, daß Oscar in einer bestimmten Zeit eine gläserne Kirche bauen und an einen bestimmten, abgelegenen Ort transportieren kann.Glas und Wasser sind die Bilder, die der australische Schriftsteller Peter Carey für die Fragilität seiner beiden Protagonisten benutzt.Die Romanvorlage zu "Oscar und Lucinda" besitzt ohne Zweifel eine große erzählerische Kraft.

Es liegt nicht an der Unfähigkeit der Darsteller, daß das Geschehen oberflächlich bleibt."Ich wollte keinen dieser herkömmlichen, adretten Kostümfilme drehen", sagt Gillian Armstrong zwar, doch sie verläßt sich trotzdem zu sehr auf Äußerlichkeiten.Wie Insekten im Bernstein hängen die Schauspieler in einem goldenen Käfig von visuellen Konzepten, üppigem Drumherum und Lichtdesign mit zum Teil gewollt unwirklichen Qualitäten.Keinem gelingt der Bogen zu der Innerlichkeit, die notwendig wäre, um der wagemutigen Geschichte echte Glaubwürdigkeit zu verleihen.Besonders Fiennes wirkt wie ein Schmierenkomödiant, viel zu plakativ mit zerzauster, roter Perücke, Vogelscheuchenkleidern und überdeutlicher Körpersprache.Am besten zieht sich der unverwüstliche Tom Wilkinson aus der Affäre, indem er Oscars suchtanfälligen Ziehvater in Dickensscher Überspitzung spielt.Wirklich berührt jedoch fühlt sich der Betrachter trotz der Mühe, die sich alle Beteiligten offensichtlich geben, zu keinem Zeitpunkt.

"Oscar und Lucinda": Broadway, FT Friedrichshain, Olympia am Zoo (OV), Yorck

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