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Kultur: "OstWind": Ein Bestseller mit Folgen: Luise Endlich hat nachgelegt - und resigniert

Endlich hatte mal eine Frau den Mund aufgemacht und Klartext geredet. So jedenfalls befand der Verleger und schlug der Autorin, weil ihm das Manuskript allzu brisant vorkam, ein Pseudonym vor.

Endlich hatte mal eine Frau den Mund aufgemacht und Klartext geredet. So jedenfalls befand der Verleger und schlug der Autorin, weil ihm das Manuskript allzu brisant vorkam, ein Pseudonym vor. Um das Leiden einer West-Frau im miefigen, feindseligen Osten ging es im Buch, das unter dem Titel "NeuLand" letztes Jahr rasch Furore machte. Nun hat die Autorin nachgelegt: "OstWind", die Fortsetzung ihrer Erfahrungsberichte, die der Verlag gleich mit einer Startauflage von 30 000 ins Rennen geschickt hat.

Luise Endlich, so kennen wir sie schon aus dem ersten Buch, mischt sich ein. Einem türkischen Ladenbesitzer, dessen Sohn in Frankfurt (Oder) "unheimlich" ist, macht sie Mut, nicht aufzugeben. Und wird gar vorstellig beim zuständigen Herrn der Stadtverwaltung, der nicht helfen will oder kann. Die Sache zu verfolgen, könnte interessant sein, aber Luise Endlich muss sich um andere Dinge kümmern. Alle wollen schließlich mit jener Frau aus dem Westen sprechen, der da im Osten so übel mitgespielt wird. Journalisten aus dem In- und Ausland bitten um Interviews, Lesetermine häufen sich, sie wird zu Talkshows eingeladen. Während Luise Endlich im ersten Buch über die Verhältnisse im Osten staunte, nimmt sie nun mit großen Augen die Medienwelt in den Blick.

Wer ihr Buch rezensiert hat und wie, erzählt sie und grübelt, ob ein Hosenanzug für den Fernsehauftritt passend wäre. Während die Autorin ihre Leser viele Seiten lang mit derlei Selbstbespiegelungen langweilt, brauen sich über "Oststadt" immer dunklere Wolken zusammen. Luise Endlich erhält anonyme Briefe, in denen schon mal gedroht wird: "Bald fliegste mit Deinem Haus inne Luft." Ihrem Mann, Chefarzt im örtlichen Klinikum, wird allen Ernstes geraten, sich von seiner Frau zu distanzieren, im Krankenhaus kursieren niveaulose, hasserfüllte Flugblätter. "Lassen Sie sich von diesem geistigen Mief nicht unterkriegen", ermuntert ein Einheimischer die Familie, manche schicken ihr Blumensträuße. Die meisten haben wenig Mitgefühl mit den Endlichs.

"Es ging mir nicht darum, die Menschen zu verärgern, sondern deutlich zu schildern, wie wir miteinander umgehen", sagt die Autorin im Fernsehinterview. Und versteht nicht, warum die Bürger von "Oststadt" das nicht begreifen wollen. Das Klima ist eisig - und Luise Endlich resigniert. "Wenn bei mir etwas aus ist, dann ist es für immer", schreibt sie. Kurz nach Erscheinen des zweiten Buches ist die Familie nach Berlin gezogen.

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