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Kultur: Paganini persönlich

"Prova del intonazione" nennt Pietro Locatelli den letzten Satz seiner Sonate für Violine solo und Basso continuo in d-moll. Die Intonation wird geprüft durch chromatisch auf- und abrauschende Sextengänge, mit wildem Tremolo versetzt, Quint- und Oktav-Kaskaden, rasche Tonwiederholungen, die sich in immer höhere Flageolettregionen hineinschrauben, bis sich endlich eine lyrische Melodie aus dem ganzen virtuosen Geschnörkel herausschält.

"Prova del intonazione" nennt Pietro Locatelli den letzten Satz seiner Sonate für Violine solo und Basso continuo in d-moll. Die Intonation wird geprüft durch chromatisch auf- und abrauschende Sextengänge, mit wildem Tremolo versetzt, Quint- und Oktav-Kaskaden, rasche Tonwiederholungen, die sich in immer höhere Flageolettregionen hineinschrauben, bis sich endlich eine lyrische Melodie aus dem ganzen virtuosen Geschnörkel herausschält.Wenn Anton Steck das auf der Barockvioline vorträgt, dann wirkt er mit seiner hageren Statur und wehendem schwarzen Haar wie der Teufelsgeiger Paganini persönlich. Und so klingt es auch: mit süß-kernigem, auch vibratolos ausdrucksstarkem Ton und unfehlbarer, ingrimmiger Beweglichkeit. Tosender Beifall.Mit solchem Feuer, der Backofenhitze im Meistersaal weit überlegen, der sich auch die Instrumente widersetzten, mit bewundernswerter Präzision und Intensität bewältigte das Ensemble "Musica ad Rhenum" sein anstrengendes Programm. Denn getreu der Aufgabenstellung der Bachtage, das "Neue im Alten" aufzuspüren, ging es um Virtuosität, in die sich die kontrapunktisch gelehrten Schreibweise, die schon einen Bach noch zu Lebzeiten veraltet erscheinen ließ, auflöste. Ihr Gegenpol war einfache, kantable Melodik, und so bieten die Musiker alles andere als die seelenlose Motorik des berüchtigten "Nähmaschinenbarock".Empfindsam und transparent erklingen die Flöten-Doppelkonzerte von Johann Joachim Quantz und Johann Adolph Hasse, die Strecke von Fugato-Konvention zu frei atmender Kantilene durchmessend. Die Solisten Jed Wentz und Marion Moonen geben dem die schöne Färbung eines hier tragfähig offenen, dort zierlich-gedeckteren Tons. Mit vorbildlicher Agogik zeichnen sie Bewegungsabläufe nach - ein Innehalten und neues Anfeuern, die dynamische Akzentuierung eines unbedeutenden Begleitakzents kann da ganz neue Einsichten eröffnen. Mehr macht die Hitze dem Cembalisten Marcelo Bussi in Händels bekanntem Concerto B-Dur zu schaffen, doch auch ihm gelingt ein anrührendes Larghetto von eindringlich gestalteter Rhetorik.Die überraschendste Komposition ist jedoch das Flötenkonzert e-moll von Giovanni Battista Ferrandini; dieser venezianische Oboist leistet sich um 1750 eine Musik voller Brüche und Stimmungsumschwünge, aus deren Nahtstellen die figurative Erfindungsgabe nur so herausplatzt - der reinste Sturm und Drang.

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