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Panorama: Grenzerfahrung

Palästina-Schwerpunkt im Panorama: „Aisheen“ und „Budrus“ sind zwei Filme, die den Blick auf Bereiche jenseits der medialen Aufmerksamkeit richten.

Die Olivenplantage der Familie Mosleh in Gaza ist nur noch Brennholz. Im Zoo von Rafah dämmern ein paar Rehe und Straußenvögel vor sich hin, ein Pavian rüttelt am rostigen Gitter. Andere Tiere sind Bombardements und einer israelischen Panzeraktion zum Opfer gefallen, die das Gelände 2004 niederwalzte. Auch Karussell und Geisterbahn liegen in Trümmern. Doch die Gehege werden sorgfältig geharkt, während oben israelische Flugzeuge dröhnen. Der Karussellbetreiber bastelt hingebungsvoll am Getriebe. Und Vater Mosleh hat seine Söhne angewiesen, neue Bäume zu pflanzen. Einen Monat ist die „Operation Cast Lead“ offiziell vorüber, doch die andauernden Explosionen sprechen eine andere Sprache.

Der Schweizer Regisseur Nicolas Wadimoff ist im Auftrag des Kinderkanals von Al Dschasira nach Gaza gereist. Doch sein Film ist keine weitere Katastrophenreportage, sondern ein Besuch bei Menschen, die für ein würdiges und selbstbestimmtes Weiterleben kämpfen. „Wir brauchen keine Hilfe, sondern Freiheit“, singen die Rapper der Gruppe Darg Team, die auch mit dem kulturellen Konservatismus der Hamas-Autoritäten zu kämpfen haben. Für andere Kinder scheint der Märtyrertod die einzige Lösung.

Fatah und Hamas konkurrieren auch in Budrus, einem palästinensischen Dörfchen, von dessen Hügeln man in der Ferne das Meer bei Tel Aviv sehen kann. Doch zwischen Dorf und Meer ist die Grenze, wo die berüchtigte Abriegelungsmauer gebaut werden soll, mit einem Schlenker weit ins palästinensische Hinterland hinein. Budrus würde dadurch geteilt und eines Großteils seiner Olivenhaine beraubt. Doch es gibt Widerstand.

Und es gibt einen Mann, der Kraft und Charisma hat, ihn zu organisieren. Unterstützt wird Ayed Morrar von seiner Tochter Iltezam, die – eine Novität – den weiblichen Teil des Dorfes auf die Straße bringt. Beiden gelingt es, die Protestbewegung von ideologischen Grabenkämpfen freizuhalten und später auch israelische und internationale Aktivisten einzubinden. Viele der Palästinenser sehen da zum ersten Mal Israelis, die kein Gewehr auf sie richten. Nach langen Auseinandersetzungen mit dem Militär wird der Verlauf der Mauer wirklich geändert: Ein kleiner, doch entscheidender Sieg gegen die Übermacht, der eine gewaltlose Bewegung ins Rollen bringt, die bisher in deutschen Medien kaum Widerhall gefunden hat. Umso wichtiger ist dieser Film, in dem die New Yorker Filmemacherin Julia Bacha den Verlauf der Proteste dokumentiert und durch Stellungnahmen palästinensischer und israelischer Offizieller ergänzt.

„Aisheen“ und „Budrus“: zwei Filme, die auf ganz unterschiedliche Art die Möglichkeiten dokumentarischen Filmemachens nutzen, um den Blick auf Bereiche jenseits der medialen Aufmerksamkeit zu richten. Die Welt können sie sicher nicht verändern, unser Bild von ihr aber schon. Silvia Hallensleben

Aisheen: Heute 17.30 Uhr (Arsenal 1), 18. 2., 12.30 Uhr (Cubix 7), 19. 2., 21.30 Uhr (Delphi); Budrus: 20.2., 20 Uhr (Cinestar 7)

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