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Kultur: Pantoffeln für himmlische Sänger

MUSIK

Wenn man nicht so recht weiß, was man verschenken soll, dann darf man sich auch einmal selbst ein Geschenk machen. Der Philharmonische Chor Berlin gönnte sich dieses Geschenk in Form einer Zusammenarbeit mit Eric Ericson , dem 1918 geborenen großen alten Mann der schwedischen Chorszene. Nun ist es so, dass solche Saat nicht sofort aufgehen muss, denn wer über ein grundsätzlich sicheres Niveau verfügt, darf sich Zeit lassen, um die neuen Tipps und Tricks in die eigene Technik zu integrieren. Zudem bestehen oratorische Werke eben doch zu großen Teilen aus langen Arien und nicht immer sind große Chordirigenten in gleichem Maße inspirierende Orchesterleiter. So kam es, dass die Aufführung von Bachs Magnificat und dem ersten Teil seines Weihnachtsoratoriums in der Philharmonie nicht viel aufregender erschien, als eine verlegen verschenkte Krawatte. Bemühte sich das Ensemble Oriol noch um tänzerisch belebte Artikulation, blieben die qualifizierten Solisten (Kirsten Drope, Regina Jakobi, Jörg Dürmüller und Jörg Gottschick) meilenweit hinter ihren Möglichkeiten zurück: Dass die bebenden Tonwiederholungen im Wort „timentibus“ etwas mit der Wortbedeutung (die Fürchtenden) zu tun haben, ist wahrlich kein unergründliches musikalisches Geheimnis. Und dass man einen himmlischen Bräutigam anders empfangen kann, als ihm bloß die Pantoffeln hinzustellen, ebenso. Was den Chor betraf, so gefiel es Ericson, die Präzision der Artikulation ins Uhrwerk-artige oder Marschhafte zu steigern – wobei viel rhetorische Kraft verpuffte. Dass man noch Bachs bombastische g-moll-Fantasie und -Fuge nebst zwei fragilen Choralvorspiele für Orgel auf die klobige Dramaturgie des Abends applizierte, machte den musikalischen Strickbinder leider auch nicht viel kleidsamer.

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