zum Hauptinhalt

Kultur: Partisan Peymann plant Guerilla Berliner Ensemble beklagt Minus von 9,6 Millionen Euro bis 2007

„Warum nicht ein kultureller Partisan werden?“ fragt Claus Peymann.

„Warum nicht ein kultureller Partisan werden?“ fragt Claus Peymann. Und zwar gegen die Sparpolitik. Das Pressegespräch mit dem Intendanten des Berliner Ensembles findet in einem „entkernten Trafohäuschen“ statt, winzig, das Sparen hat schon begonnen, aber mit Klavier. „Ab jetzt treten die Rücklagen ein als Ersatz für die Lottomittel.“ Bis 2007, dem Ende von Peymanns Vertrag, hat er nämlich 9,6 Millionen Euro gegenüber seinem bisherigen Jahresetat einzusparen. Der Regisseur sieht jetzt schon „die Risse im Gemäuer.“

Und am Horizont düstert folgendes Szenario: Mehr als 2500 Euro Maximalgage ist für keinen Schauspieler mehr drin. Robert Wilson, George Tabori oder Peter Zadek zu verpflichten, ist undenkbar. Insgesamt fällt das Niveau des Theaters auf das „der Schaubühne, als sie anfing, mit Ostermeier zu arbeiten.“ Und: „Vielleicht werden wir ,Leonce und Lena’ ab der 30. Vorstellung nicht mehr spielen können.“ Die Rücklagen, die das BE als GmbH („die flexibelste Form des Theaters“) gebildet hat, „können wir ja nicht verheimlichen“. Davon lebt das BE jetzt. Immerhin, es lebt. Aber ab Herbst 2005 seien die Rücklagen aufgebraucht, „dann geht dieses Haus womöglich in die Insolvenz.“ Für den, der hier der irrigen Meinung ist, Peymann würde jammern – „eine Bezeichnung, die Sie sich leider angewöhnt haben“ – sei darum festgehalten: „Ich jammere nicht, ich konstatiere – und bin empört!“

Es wäre kaum auszuhalten, klingelte nicht jeden Morgen um 7 Uhr 45 bei ihm in Köpenick das Fax: darauf die Kassenstände. Die sind beruhigend. Über 87,6 Prozent Auslastung in der letzten Spielzeit, mindestens 7000 Besucher mehr als im letzten Jahr zur selben Zeit. „Und das können nicht allein die Wilmersdorfer Witwen sein.“ Die kämen wohl kaum alle mit den Fahrrädern, die zu den Vorstellungen vor der Tür stehen. Vielleicht sind es jetzt auch die Fahrräder, die ihn sagen lassen: „Wir sind die Avantgarde.“ Berlin also ein Publikum, das um Aufklärung, speziell durch das BE, geradezu bittet? Und sich dann lieber eine Theaterkarte als eine Hose kauft?

„Es dreht sich sowieso gerade wieder alles um“, sagt Peymann. Niemand wolle mehr den „modernistischen Einheitsbrei“ sehen. Oder Regisseure, die versuchten, Videoclips zu imitieren. Dagegen setze er zweimal Ibsen („Peer Gynt“ in Zadeks Regie, Premiere am 8. April, und „Die Wildente“, Regie Thomas Langhoff, 7. Mai), seine Wiener Bernhard-Inszenierung „Ritter, Dene, Voss“ (3. September) und Peter Handkes „Untertagblues“ (September). „Ich werde meinen Vertrag erfüllen, aber ich werde Widerstand leisten,“ ruft Peymann. Wowereit werde „10000 Briefe kriegen.“ Halt ein Guerillakrieg, sei’s drum – „ich weiß, das ist lächerlich.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false