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PAUKEN & Trompeten: Häuptling Silberton

Jörg Königsdorf wirbt für zarte Töne

Als vor gut hundert Jahren das Cembalo wiederentdeckt und damit die historische Aufführungspraxis geboren wurde, war Berlin neben Paris das Herz der Bewegung. 1904 hielt die Cembalo-Pionierin Wanda Landowska an der Musikhochschule die erste Cembalo-Klasse ab und 1913 gewährte das Institut der charismatischen Polin sogar den ersten Lehrstuhl für Cembalospiel. „Wer jemals gehört hat, wie Wanda Landowska Bachs italienisches Concert auf ihrem herrlichen Pleyel-Cembalo spielt, wird nie mehr dieses Stück auf einem modernen Flügel interpretiert hören wollen“, begeisterte sich damals Albert Schweitzer. Heute fristet das Cembalo eine etwas kümmerliche Existenz: Zwar zirpt es bei barocken Triosonaten, Passions- und Opernaufführungen immer mit, doch die Gelegenheiten, Stücke wie die „Goldberg-Variationen“ oder die Suiten von Rameau und Händel im Originalklang zu hören, muss man sich rot im Kalender anstreichen. Weil der silbrige Ton des Instruments nur kleine Säle füllt, rechnet es sich nicht, die tonangebenden Cembalo-Virtuosen in die Stadt zu holen.

Umso verdienstvoller, dass das Konzerthaus im Rahmen seines „Zeitfenster“-Festivals für Alte Musik dem Cembalo einen eigenen Schwerpunkt gewidmet hat. Mit Ton Koopman, Christophe Rousset, Andreas Staier und Christine Schornsheim präsentiert die Musikbiennale vier der wichtigsten Vertreter dieses Instruments im nur 120 Plätze fassenden Werner-Otto-Saal. Die drei Abende bieten eine Tour d’horizon des barocken Cembalorepertoires: Während der Niederländer Koopman am Dienstag mit Purcell, Frescobaldi und Buxtehude das 17. Jahrhundert abdeckt, spielt Rousset am Donnerstag ein rein französisches Programm. Höhepunkt der kleinen Reihe ist jedoch das Konzert am Mittwoch, bei dem mit Andreas Staier und Christine Schornsheim die beiden bekanntesten deutschen Spezialisten für historische Tasteninstrumente aufeinandertreffen: Ihr Programm reicht von Bachs C-Dur-Konzert über Staiers originelles Arrangement von Telemanns „Hamburger Ebb’ und Fluth“-Ouvertüre bis zu Mozart. Für dessen Werke bevorzugte die Landowska übrigens noch das Klavier – aber ein bisschen hat sich in den letzten Hundert Jahren vielleicht doch geändert.

Jörg Königsdorf

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