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PAUKEN & Trompeten: Mit offenen Nüstern

Einige Erfahrungen sind eben doch nur im Konzert zu haben, egal was in fünf Jahren los sein wird auf dem Markt der Gedankenlesegeräte und Empathieapparate, mal ganz zu schweigen vom Fortschritt auf dem Feld der Stereoanlagen. Gemeint sind hier aber auch nicht die Himbeerbowle oder die kompliziert gebutterten Brezeln, die es in der Philharmonie zu kaufen gibt, schon gar nicht die Perückenabende des Residenz-Orchesters Berlin, die Rede ist auch nicht von superempfindsam gestalteten Liedmatineen oder sehr aufregenden Neue-Musik-Veranstaltungen.

Einige Erfahrungen sind eben doch nur im Konzert zu haben, egal was in fünf Jahren los sein wird auf dem Markt der Gedankenlesegeräte und Empathieapparate, mal ganz zu schweigen vom Fortschritt auf dem Feld der Stereoanlagen. Gemeint sind hier aber auch nicht die Himbeerbowle oder die kompliziert gebutterten Brezeln, die es in der Philharmonie zu kaufen gibt, schon gar nicht die Perückenabende des Residenz-Orchesters Berlin, die Rede ist auch nicht von superempfindsam gestalteten Liedmatineen oder sehr aufregenden Neue-Musik-Veranstaltungen. Vielmehr geht es um etwas ganz Altmodisches, das Abendland at its best sozusagen, nämlich Anton Bruckners Achte Symphonie: ein Fest für Orchester, eine Monstranz des Erhabenen, ein gewaltiger Klangrausch, der sich über anderthalb Stunden ins Hirn träufelt.

Die „Schöpfung eines Giganten“ nannte der Komponist Hugo Wolf das Werk, noch schlotternd unter dem Eindruck der Uraufführung im Dezember 1892. Ein solche Symphonie kann man sich nicht unter den Kopfhörer holen – wie sollten acht Hörner und drei Harfen, das riesige Streicher-, Blas- und Schlagzeugaufgebot darunter auch Platz finden? Nein, dazu braucht man schon einen ganzen Saal, mit einer Kuppel, zu der der Klang hinaufdampfen kann, man braucht Zuhörer, die diese Musik mit offenen Nüstern aufnehmen und sie auf die Wunderkammer des eigenen Gedächtnisses treffen lassen, vor allem aber braucht es ein Orchester wie die Berliner Philharmoniker, das – eben durch Christian Thielemann und die Vierte noch an Bruckner erinnert – zu Grandiosität ohne Größenwahn in der Lage ist. Dem Gentleman-Dirigenten Zubin Mehta, der die Philharmoniker am Donnerstag, Freitag und Samstag mit Bruckners Achter dirigiert, eilt glücklicherweise der Ruf voraus, seine Musiker nicht bei der Arbeit zu stören, sie einfach spielen zu lassen und dennoch die Kontrolle zu bewahren.

An das andere Ende der Aufführungsskala darf man in dieser Woche wohl die feinen Abendmusiken Friedrichs II. stellen, vorgesehen für einen kleinen Raum mit wenigen Mitwirkenden und noch weniger Zuhörern, eingepflegt in die schöne Routine täglichen Musizierens. Am heutigen Sonntagnachmittag erinnern die Cembalistinnen Sabine Erdmann und Mira Lange an den Preußenkönig und seine Investition in exquisite Bedingungen für die Tonkunst. Die beiden spielen in einem „Konzert mit Begrüßungssekt“ im Schloss Friedrichsfelde Werke der königlichen Hofmusiker Graun, Schaffrath und C. P. E. Bach sowie das Doppelkonzert C-Dur von Johann Sebastian Bach mit seinen herrlich wasserfallartigen Tonkaskaden gleich schon im ersten Satz.

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