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PAUKEN & Trompeten: Mozart und Milchkaffee

Fast hatte man es in den letzten Jahrzehnten vergessen, dass ein Konzert nicht nur ein intellektuelles, sondern auch geselliges Ereignis sein kann. Ein schneller, überteuerter Sekt in der Pause, ein paar Sätze Smalltalk – in der Regel ist der kommunikative Aspekt des Konzertbesuchs ziemlich bescheiden.

Fast hatte man es in den letzten Jahrzehnten vergessen, dass ein Konzert nicht nur ein intellektuelles, sondern auch geselliges Ereignis sein kann. Ein schneller, überteuerter Sekt in der Pause, ein paar Sätze Smalltalk – in der Regel ist der kommunikative Aspekt des Konzertbesuchs ziemlich bescheiden. Langsam jedoch dämmert es den Veranstaltern, dass Menschen nicht nur ins Konzert gehen, um Musik zu hören, sondern auch um darüber zu reden und vielleicht sogar Bekanntschaften zu schließen.

So wie im Radialsystem, wo man ausdrücklich eingeladen ist, den Abend auch vor Ort auf der Spreeterrasse ausklingen zu lassen. Eine ganze Reihe von Veranstaltungen ist dort explizit mit gastronomischem Angebot und Freiräumen zum socializing verbunden, vom legendären Dasch-Salon bis zum Familienbrunch mit Live-Musik, der am heutigen Sonntag und am Montag auf dem Programm steht. Auch das Konzerthaus liegt da mit seinen Mozart-Matineen im Trend: Mozart, Milchkaffee und Croissants sind offenbar eine Kombination, die gut ankommt, weshalb die Reihe auch nach dem Abschiedskonzert von Chefdirigent Lothar Zagrosek am Montag fortgesetzt wird.

Da wundert es auch nicht, dass diejenige Konzertform derzeit einen Aufschwung erlebt, die den Geselligkeitsaspekt am stärksten verkörpert: das Hauskonzert. In Potsdam finden im Rahmen der Musikfestspiele in diesem Jahr erstmals eine ganze Reihe von Konzerten im in privaten Villen statt. Die Musikerauswahl ist handverlesen: Mit dem Geiger Anton Steck, dem Flötisten Alexis Kossenko und dem Gambisten Philippe Pierlot sind Stars der Alte-Musik-Szene vertreten. Was auch deshalb sinnvoll ist, weil die barocke und klassische Kammermusik nicht für Konzertsäle, sondern für genau solche Orte privater bürgerlicher Musikpflege geschrieben wurde und somit endlich einmal in historisch korrektem akustischen Umfeld zu erleben ist. Und was die Geselligkeit angeht: Wein und Verköstigung werden versprochen (Programm unter: www.musikfestspiele-potsdam.de). Zwar ist der Eintritt mit 55 Euro nicht gering, aber dafür braucht man den Gastgebern auch keine Blumen mitzubringen.

Jörg Königsdorf

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