zum Hauptinhalt

PAUKEN & Trompeten: Musik aus dem Untergrund

Nachdem die Gestapo sie im besetzten Warschau verhaftet hatte, machten die Nazis der großen polnischen Pianistin Maryla Jonas ein Kollaborationsangebot: Wenn die Gewinnerin des berühmten Wiener Beethoven-Preises bereit wäre, in Deutschland zu spielen, würde sie freikommen. Jonas lehnte ab, kam ins Gefängnis und konnte sich später nur mit knapper Not aus Polen retten.

Nachdem die Gestapo sie im besetzten Warschau verhaftet hatte, machten die Nazis der großen polnischen Pianistin Maryla Jonas ein Kollaborationsangebot: Wenn die Gewinnerin des berühmten Wiener Beethoven-Preises bereit wäre, in Deutschland zu spielen, würde sie freikommen. Jonas lehnte ab, kam ins Gefängnis und konnte sich später nur mit knapper Not aus Polen retten. An ihre Vorkriegskarriere konnte Jonas später nicht wieder anknüpfen und starb, erst 48-jährig, in den USA. Ihre raren, heute fast vergessenen Aufnahmen der Chopin-Mazurken zählen zu den schönsten, die es gibt. Jonas’ Lebensgeschichte ist jedoch nicht nur ein drehbuchtaugliches Einzelschicksal, sondern steht zugleich für den Terror, den die Nazis während der Besetzung Polens auch gegen die Musik und die Musiker des Landes richteten. Auf der einen Seite konnten polnische Musiker oft nur im Untergrund wirken, auf der anderen Seite stand die Propagierung deutscher Musik wie der notorischen „Krakauer Begrüßung“, die der Spätromantiker Hans Pfitzner 1944 für den „Schlächter von Polen“, Hans Frank, komponierte.

Zum 200. Geburtstag Chopins, der als polnischer Nationalkomponist natürlich auch mit Bann belegt war, arbeitet nun eine Ausstellung dieses Kapitel auf: „Musik im okkupierten Polen 1939 –1945“ ist nach Stationen beim Schleswig-HolsteinFestival, in Frankreich und Warschau ab Dienstag im Marstallgebäude der Hanns-Eisler-Hochschule zu sehen. Zur Eröffnung mit dem Aperto Klavierquartett gibt es allerdings keinen Chopin (das wird im Dezember aus Anlass der Vorführung von Roman Polanskis Biopic „Der Pianist“ über den polnischen Pianisten Wladyslaw Szpilman nachgeholt), sondern Werke der Komponisten Joszef Koffler und Szymon Laks, die von den Nazis ermordet respektive deportiert wurden, sowie das Quintett des russisch-polnischen Avantgardisten Constantin Regamey, das wenige Tage vor Ausbruch des Warschauer Aufstands bei einem Untergrundkonzert in der besetzten Stadt uraufgeführt wurde.

Jörg Königsdorf schlägt ein düsteres Kapitel auf

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false