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PAUKEN & Trompeten: Rolle rückwärts

Es ist nur recht und billig, dass zum Höhepunkt des Mahler-Jahres auch der Komponist selbst zu Wort kommt: Einen Tag nach seinem hundertsten Todestag wird Gustav Mahler am Donnerstag Ausschnitte aus seiner vierten und fünften Sinfonie auf dem Klavier spielen. Denn wie viele Komponisten seiner Zeit verewigte auch Mahler sich auf den Welte-Mignon-Rollen, einem Verfahren, das eine weitgehend exakte Erfassung des Klavierspiels mittels eines Lochstreifensystems ermöglichte.

Es ist nur recht und billig, dass zum Höhepunkt des Mahler-Jahres auch der Komponist selbst zu Wort kommt: Einen Tag nach seinem hundertsten Todestag wird Gustav Mahler am Donnerstag Ausschnitte aus seiner vierten und fünften Sinfonie auf dem Klavier spielen. Denn wie viele Komponisten seiner Zeit verewigte auch Mahler sich auf den Welte-Mignon-Rollen, einem Verfahren, das eine weitgehend exakte Erfassung des Klavierspiels mittels eines Lochstreifensystems ermöglichte. Jedes Mal, wenn der Welte-Apparat auf einem Flügel installiert wird und sich die Tasten wie von Geisterhand bewegen, ist der Effekt faszinierend: Obwohl man es besser weiß, denkt man unwillkürlich, der Komponist würde gerade eine Botschaft aus dem Jenseits übermitteln. In gewissem Sinne stimmt das sogar: Mahler wusste selbst, dass er kein Pianist war und nutzte das Welte-Verfahren nur als Richtlinie für künftige Interpreten seiner Sinfonien.

Ob die New Yorker Philharmoniker, deren Chef der große Gustav einst war, unter Alan Gilbert bei ihrer Interpretation die Welte-Sicht des Komponisten beherzigen, lässt bei dieser Gelegenheit nicht überprüfen. Während Mahler im Werner-Otto-Saal des Konzerthauses den Trauermarsch der Fünften klimpert, findet das Konzert der New Yorker parallel in der Philharmonie statt.

Bleibt zum Abgleich mit Mahlers Wille noch die vierte Sinfonie, deren Schlusssatz er ebenfalls einer Klavierrolle anvertraute. Sie steht in dieser Woche in zwei konträren Sichtweisen auf dem Programm. Roger Norrington, der am Montag in der Philharmonie beim Deutschen Symphonie-Orchester gastiert, dirigiert das Stück als umstrittenster Vertreter der historischen Aufführungspraxis aus der Perspektive des 19. Jahrhunderts. Peter Ruzicka rollt am Freitag und Samstag im Konzerthaus die Vierte vom entgegengesetzten Ende her auf: Als Komponist sieht er bei Mahler schon die Sollbruchstellen, die die musikalische Moderne ankündigen. Und um diese Ansatzpunkte deutlich zu markieren, spielt Norrington als Beigabe eine Bach-Kantate, Ruzicka Webern und ein Werk aus eigener Feder.

Jörg Königsdorf

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