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PAUKEN & Trompeten: Unter gotischen Bögen und Säulen

Nur zwei Sehenswürdigkeiten habe Beeskow, schrieb Theodor Fontane in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg. So ganz stimmt das natürlich nicht.

Nur zwei Sehenswürdigkeiten habe Beeskow, schrieb Theodor Fontane in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg. So ganz stimmt das natürlich nicht. Die Landesdenkmalliste führt sogar um die dreißig Baudenkmäler in Beeskow, vor allem den historischen Stadtkern selbst. Auch Fontane übernachtete seinerzeit in einem Haus, dessen hintere Wand von der Stadtmauer gebildet wurde; früher hatten Nonnen dort gelebt, und deswegen wurde dem Wanderer selbstverständlich auch „der übliche ‚unterirdische Gang’ nicht erlassen“.

Am nächsten Morgen konnte Fontane dann leider nur das Beeskower Amt und die „Liebfrauenkirche“ bei einer ersten Stadtbegehung als Attraktionen ausmachen. Immerhin gab die alte Küstersfrau ihm bei der Besichtigung der Kirche noch allerhand „Volkspoesie“ mit auf den Weg. Tatsächlich zählt die Beeskower Marienkirche, deren bauliche Anfänge bis in das 13. Jahrhundert zurückreichen, zu den schönsten Hallenkirchen in der Mark.

Am nächsten Samstag
findet dort im Rahmen der Brandenburgischen Sommerkonzerte eine Darbietung mit dem Rastrelli Cello Quartett statt, die dem Bau mit seinen vier Schiffen und Umgangschor geradezu auf den steinernen Leib geschneidert ist. Schon deswegen scheint das Quartett mit einer besonderen Sensibilität für die Beeskower Marienkirche aufzuwarten, weil es sich selbst einen berühmten Architekten zum Namenspatron erwählt hat: den aus Italien stammenden Baukünstler Bartholomeo Rastrelli. Und ganz so, wie dieser Rastrelli es im 18. Jahrhundert auf Anfrage von Zarin Elisabeth I. mit der Gegend gemacht haben mag, aus der später St. Petersburg werden sollte, ganz so haben sich auch der Cellist Kira Kraftzoff und seine drei einstmaligen Schüler Misha Degtjareff, Kirill Timofeev und Sergei Drabkin das vorhandene musikalische Repertoire für ihre Zwecke gebändigt. Rastrelli baute das Stroganow-Palais und die Eremitage, das Rastrelli Cello Quartet spielt arrangierte Stücke von Modest Mussorgsky, Sergej Rachmaninov und Dmitri Schostakowitsch, überdies Musik Camille Saint-Saëns, Dave Brubeck oder Paul Desmond.

Beim Frühnachmittagsprogramm vor dem Konzert dürfen die Besucher an der obligatorischen Kaffeetafel auf dem Kirchhof der Marienkirche Platz nehmen und können danach eine Kahnfahrt auf der kleinen und großen Spree unternehmen und vom Wasser aus die Beeskower Burg, den Fischerkiez und die Promenade bestaunen. Oder sie wandeln bei einer Stadtführung auf Fontanes Spuren, nehmen allerdings unter kundiger Leitung auch die vielen weiteren mittelalterlichen Sehenswürdigkeiten in Beeskow mit. Vielleicht doch lieber die Besichtigung der Burg mit Abstieg in den Folterkeller? Das Konzert beginnt erst am Spätnachmittag, und sicher darf man darauf zählen, dass der Klang des RCQ die Zuhörerschaft unter den gotischen Bögen und Säulen auf wohlige Weise einhüllen wird.

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