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PAUKEN & Trompeten: Wer nicht hören will

Schlecht ging es dem jungen Schumann am Wochenende oft. Sonntags legte er sich hin, um nach „großer Knillität“ und „Katzenjammer“ wieder zu Kräften zu kommen.

Schlecht ging es dem jungen Schumann am Wochenende oft. Sonntags legte er sich hin, um nach „großer Knillität“ und „Katzenjammer“ wieder zu Kräften zu kommen. Nichts mit Messbesuch oder ordentlicher Kleidung also, keine Rede von Sich-Hinsetzen-und-etwas-Schönes-Komponieren. Dass Friedrich Wieck, Schumanns zukünftiger Schwiegervater, am sinnlosen Trinken und Herumhängen des jungen Komponisten Anstoß nahm, ist bekannt. Fast auf den Tag genau vor 172 Jahren ging das junge Liebespaar vor Gericht, um gegen Wiecks Willen die Eheschließung durchzusetzen. Zum Leben der Verheirateten sollten keine Ausschweifungen mehr gehören, Innigkeit und Vertrautheit zählten nun, manchmal wohl auch ein wenig Neid (bei Robert, auf Claras Erfolge) oder leiser Groll (bei Clara, dass sie als Ehefrau und Mutter ihre Karriere nicht mit derselben Verve weiterführen konnte wie vordem). Von ihren Lebensbanden berichtet der „Romanzen“ überschriebene Abend in der Schinkel-Kirche beim Schloss Neuhardenberg (23. Juli), mit Werken aus beider Hand für Violine und Klavier.

Wie schwer das gemeinsame Leben enden sollte, ist ebenfalls bekannt. Zu den wenigen Menschen, die Schumann in der Nervenheilanstalt Endenich noch besuchen durften, gehörte die greise Bettina von Arnim. 1856, im selben Jahr, in dem Schumann starb, malte Carl Johann Arnold sie während eines Quartettabends in ihrer Berliner Wohnung, als Inkarnation der wissenden Hörerin, den Kopf in die Hand gestützt, hochkonzentriert lauschend, trotz des bequemen Sessels, in dem sie hier sitzt.

Dass die Mühsal, die das Komponieren und Musizieren mit sich bringt, in der Anstrengung des Zuhörens ein Gegenstück findet, gehört zu den Gründungsmythen des Konzertwesens. Ihm ordnet sich alles unter, die nie zu leicht zu lesende Programmheftliteratur ebenso wie die nie zu weiche Bestuhlung in den Spielstätten. Der Konzertsaal im Staatlichen Institut für Musikforschung ist insofern zwar klein, aber oho – fast so intim wie das Arnim’sche Zimmer, ganz dafür angetan, die Aufmerksamkeit auf kleinformatige Gattungen zu richten. Shin-Hye Park, Yen-Ting Liu, Boglarka Pecze und Sun-Young Nam spielen dort heute Musik für Violine, Violoncello, Klarinette und Klavier, darunter Olivier Messiaens berühmtes „Quatuor pour la fin du temps“, das im Januar 1941 im Görlitzer Kriegsgefangenenlager uraufgeführt wurde. Streichquartette sind unterdessen in der Reihe „klassisch abhängen“ im Radialsystem zu hören. Für Schuberts „Der Tod und das Mädchen“ mit dem Athena Quartett am 22. Juli kann man sich in den Konzertsaal begeben oder draußen entspannen, die Sinne öffnen für das Verfließen der Zeit (die Spree) und die Einflüsterungen der Ewigkeit (Claudius’ Knochenmann) und Lautsprecher, Liege sowie kalte Getränke ihre Wirkung tun lassen.

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