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Das Mädchen am Meer. „Heimat 34 L 8“ ist Teil einer großen Serie von Bialobrzeski.

© Peter Bialobrzeski

Peter Bialobrzeski in der Galerie Albrecht: Die Heimat der Anderen

Virtueller Ausstellungsbesuch: Der Fotograf Peter Bialobrzeski zeigt Landschaften und Metropolen in der Galerie Albrecht.

„Mir geht es nicht darum zu zeigen, wie es ist. Ich will zeigen, wie es sein könnte, wenn ich es fotografiere.“ Selten hat ein Fotokünstler sein Konzept derart auf den Punkt gebracht wie Peter Bialobrzeski mit diesem freimütigen Bekenntnis. Er stellt sich damit gegen die Verpflichtung zur Authentizität, die der Fotografie quasi von Natur aus innewohnt. 

Es ist darum auch kein Wunder, dass seine „Frühen Werke“, wie die Galerie Albrecht ihre Auswahl von 15 zumeist großformatigen Arbeiten nennt, mehrmals Caspar David Friedrich zitieren, aus dessen „Mönch am Meer“ hier eine junge Frau geworden ist, die am Ostseestrand sitzend das Rauschen der Wellen und den weiten Himmel genießt, den Kopf aber dem Fotografen zuwendet.

Überhaupt ist der 1961 in Wolfsburg geborene und bereits mehrfach ausgezeichnete Künstler, der als Professor für Fotografie an der Hochschule der Künste in Bremen lehrt, eher ein besinnlicher Meister seines Metiers. 

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Man staunt, wie auf seiner gut 20 Jahre zurückliegenden Indienreise alle Aufmerksamkeit auf der farbigen Kleidung der Pilger, die in den heiligen Fluten des Ganges ihr Bad nehmen, auf der unerhörten Breite des Stromes und der Weite des Himmels ruht, ihn jedoch kein einziges Gesicht interessiert. 

Auf anderen Arbeiten seiner Asienreisen wird er von der Architektur, von der Tristesse einer Hochhausfassade in Hongkong und dann wieder vom Glanz der Neubauten in Schanghai derart überwältigt, dass er über die Bewohner völlig hinwegsieht. 

In Hongkong achtet er penibel darauf, jede Fensterhöhle sichtscharf abzubilden, die vom Verkehr überspülte Häuserschlucht darunter ist hell überblendet. In Schanghai nimmt er die Passanten auf dem ins Auge gefassten Platz notgedrungen in Kauf, doch sie bleiben Staffage ohne Anspruch auf bildhafte Präsenz. Der Fotograf scheint von der Potenz der aufstrebenden Metropole, deren große Reklametafeln den Blick verstellen, selbst aufgesogen.

Menschen sind eher gleichgültig

Anschließend hat Bialobrzeski mit der Serie „Heimat“ in der stillen norddeutschen Landschaft Ruhe und Besinnung gesucht. In betörend sanften Pastelltönen liegt da ein typischer Nordseestrand vor uns, wo man bei Ebbe weit hinausläuft und die Aussicht genießt. 

Die Jahreszeit muss Herbst oder Frühjahr sein, denn niemand geht tiefer als bis zu den Knien ins Wasser. Am fernen Horizont fährt ein Schiff vorbei. Zwei Drittel des Bildes im Großformat (126 x 160 cm) sind dem ins Hellgrüne spielenden, von dünnen Wolkenschleiern überzogenen Himmel vorbehalten. Die Spaziergänger wirken dank Gegenlicht wie fahle Schemen oder Strichmännchen, als wären sie dem Fotografen wieder gleichgültig gewesen.

Glückhafte Fluchträume

Man kann sich in diese analog aufgenommenen Bilder versenken. Schon dank ihrer Größe zieht auch eine Heidelandschaft bei Hamburg mit ihrem romantischen Flair den Betrachter in Bann. Das wohlbekannte Motiv eines sich in der Ferne verlierenden Feldwegs wirkt hier noch immer. Beeindruckend schön ist auch der tiefenscharfe, präzise kalkulierte Blick über einen Nebenarm der Elbe und zahlreiche, von Erholungssuchenden besetzte Buchten. 

Alle diese überdimensionierten Landschaften von Peter Bialobrzeski aus (wie man betonen muss) der frühen Phase des Meisterfotografen eröffnen den Sinnen glückhafte Fluchträume – wo die Frage nach einer Stellungnahme zu dieser Welt gar nicht erst aufkommt. Die Einzelpreise reichen je nach Größe moderat von 1200 bis 7300 Euro.
Galerie Albrecht, Bleibtreustr. 48; bis 25. April online auf der Website der Galerie mit einer Führung durch die Galeristin

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