zum Hauptinhalt
Wimmelbild: "Poppy" von Peter Böhnisch besteht aus hölzernen Einzelteilen.

© CFA

Peter Böhnisch und Georg Herold bei CFA: Sing’ mir vom Senf

Die Galerie Contemporary Fine Arts vereint zwei Anti-Ästheten: Peter Böhnisch und Georg Herold.

„Poppy“, das klingt nicht bloß wie ein Kinderspiel. Es sieht auch ein bisschen so aus: Wie ein riesiges Puzzle aus Holz, dessen Teile Peter Böhnisch planlos ausgesägt und anschließend fantasievoll wieder zusammengefügt hat. Nun hängen seine Experimente, neben „Poppy“ auch „Haikusei“ und „Sweet Home“ bei Contemporary Fine Arts (CFA). Wimmelbilder, die vielleicht eine Landschaft mit Sonne, wild wuchernden Blumen oder etwas ganz anderes zeigen.

So genau weiß man das bei Böhnisch nicht. Auch wenn der Künstler seiner nun dritten Einzelausstellung in der Galerie den Titel „Granum sinapis“ gibt. Eine Anspielung auf den Mystiker Meister Eckhart, der im späten Mittelalter wohl ein „Senfkornlied“ verfasste – als Lob auf den winzigen Samen mit seinem enormen Wachstumspotenzial. Böhnischs Assemblagen (Preise: 7000–35000 €) nutzen ähnliche Kräfte für die Kunst. Kleine, farbige Bauklötze addieren sich zu formatfüllenden Abstraktionen, bilden Figuren oder einen winzigen Dackel, der die sonst leere Leinwand ganz für sich beansprucht. Holzreste, lackiert wie unbehandelt, wachsen zu stillen Universen, die aus der Zeit gefallen scheinen. Denn die Werke schließen an keinen Diskurs an, folgen keiner Schule und lassen nichts Doppelbödiges erkennen. Höchstens den Willen, aus einem läppischen Material etwas Größeres zu machen. Damit trifft Böhnisch in der Galerie dann doch auf einen geistigen Verwandten: CFA hat in der oberen Etage nämlich neue Arbeiten von Georg Gerold aufgestellt.

Figuren mit klingenden Namen turnen durch die Räume

Hier krümmen sich „Fritz“ und „Wilhelm“ auf Podesten, recken fußlose Beine in die Höhe oder versuchen sich wie „Käthe“ gleich im Spagat. Wie nah die Ausstellung „1,012 kg“ dem Tanz kommt, macht die Skulptur „Eurythmie“ deutlich – wobei diese „schöne Bewegung“ des menschlichen Körpers bei Herold in einer ausbalancierten Konstruktion mündet. Ebenso klar ist sein Bezug zur historischen Statue, die er sichtbar demontiert, wenn er die Figuren mit den klingenden Namen als Torsi durch die Räume turnen lässt. Typisch ist der Aufbau seiner Lattenfrauen und -männer aus genageltem Holz (Preise: 9000 bis 75000 €). Dessen Ecken drücken sich überall durch die Leinwand, mit der Herold die Figuren überzieht, um ihnen alles Glatte zu nehmen. Als Novität verwendet der Künstler einen schnell trocknenden Polyurethan-Schaum, der aus den Hohlräumen und Fugen der Gestalten quillt. Was von Weitem wie eine metallische Oberfläche wirkt, entpuppt sich in Nahsicht als billiger, zäher Baustoff.

Frühere Skulpturen hat der Künstler auch in Bronze gießen lassen, um sie wetterfest zu machen. Lieber aber ist ihm das Spiel mit dem schönen Schein, der sein Versprechen nicht hält. Kein Pathos, keine Bedeutung, nicht einmal der Glaube daran, dass die eigenen Arbeiten wie noch die Denkmäler von Fritz oder Wilhelm für die Ewigkeit sind. Herold, Jahrgang 1947, unterläuft solche Erwartungen aus Prinzip und hat daraus eine künstlerische Haltung gemacht: Wer wie er in den Achtzigern tausend Kaviareier nummeriert, um am Ende daraus ein angeblich expressionistisches Gemälde zu machen, der zimmert ein Werk aus Widersprüchen. Das etwas Neues formuliert. Dafür braucht es jenes „ungehobelte, dumme Material“, das nach Herolds Überzeugung „keine Fragen aufwirft“. Böhnisch, 1977 geboren, ist eine ganze Generation jünger. Und führt doch die Anti-Ästhetik des Pioniers mit seinen Mitteln fort.

Galerie CFA, Am Kupfergraben 10; bis 20. 12., Di–Sa 10–18 Uhr

Zur Startseite