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Peter Handke

© dpa

Peter Handke und Berlin: Bomben auf Pankow

Als die in Berlin lebende Herta Müller Nobelpreisträgerin wurde, nahm ganz Berlin daran Anteil. Aber auch Peter Handke hat eine Berliner Vergangenheit.

Erinnert sich noch jemand daran, wie vor ein paar Jahren, zehn, um genau zu sein, im Jahr 2009, die Schriftstellerin Herta Müller den Literaturnobelpreis zugesprochen bekam? Ein bisschen konnte man an diesem Tag den Eindruck von „Wir in Berlin sind Nobelpreisträgerin“ bekommen, denn Herta Müller wohnt ja in Berlin.

Die Friedenauer Menzelstraße wurde zum Pilgerort nicht nur der Medien aus der ganzen Welt, sondern auch von vielen Berlinern und Berlinerinnen. Dieses Jahr aber, als in Stockholm verkündet worden war, dass Peter Handke der Literaturnobelpreisträger 2019 werde? Nur Stille, auch bei denen, die das gut fanden, sonst natürlich, wegen Handkes starrer Parteinahme für die serbischen Kriegsverbrecher: viel Unmut.

Dabei hat Peter Handke, was viele nicht wissen, da er 1942 eben in Griffen/Kärnten geboren wurde und Österreicher ist, auch eine Berliner Vergangenheit; eine, die bezüglich seines Werkes eine gewisse Bedeutung hat, weil Handkes erste Erinnerungen an Bombenabwürfe, das viele Umherrirren, das sich in einem permanenten In-Zwischenräumen-Befinden, in Berlin ihren Anfang nahmen.

Handkes Mutter Maria hatte sich in einen in Kärnten stationierten Soldaten aus Berlin verliebt, er wird Handkes Ziehvater (seinen leiblichen Vater lernt Handke erst 19-jährig kennen). 1944 fährt sie mit ihrem noch nicht zweijährigen Sohn nach Berlin, um hier zunächst kurz bei den Eltern von Bruno Handke zu wohnen und dann schnell wieder nach Griffen zurückzukehren.

Handke lebte als Kind in der Pankower Binzstraße

Als Bruno Handke 1945 aus dem Krieg kommt, macht sich seine Frau abermals auf dem Weg nach Berlin. Das muss ein nicht so frohes Wiedersehen gewesen sein, wie man aus Handkes Mutterbuch „Wunschloses Unglück“ erfährt. Darin heißt es, er habe sich ihrer kaum noch erinnert, „damals sei ja Krieg gewesen. Aber sie hatte das Kind mitgebracht, und lustlos befolgten beide das Pflichtprinzip.“

Will heißen: Maria und Bruno zogen zusammen, in ein großes Untermietzimmer in der Binzstraße in Pankow, damals gelegen im sowjetischen Sektor der Stadt, eine lange, heute eher bürgerlich anmutende Querstraße zwischen Prenzlauer Promenade und Vinetastraße.

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Es war eine schlimme, schwierige Zeit im Leben der Handkes, trotzdem kam 1947 ein weiteres Kind auf die Welt, Handkes Halbschwester Monika.

Ein Jahr später ging es endgültig wieder nach Griffen, Handke ist da knapp sechs Jahre alt, und doch hat ihn diese Zeit geprägt, ihm zuletzt eine grundsätzliche Antipathie allem Deutschen gegenüber mitgegeben.

Vor ein paar Wochen also ist alles ganz ruhig geblieben in Berlin, in der Pankower Binzstraße – und einen derart umstrittenen Literaturnobelpreisträger, das hätte Berlin sowieso nicht verkraftet.

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