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Kultur: Peter Schreiers Abschied: Als Tamino in Mozarts "Zauberflöte" stand der Sänger zum letzten Mal auf der Bühne Staatsoper

Unsterblichkeit als "holder Jüngling sanft und schön" ist dem Menschen nicht gegeben. Peter Schreiers Tamino hat dennoch bis zu seinem Bühnenabschied etwas von der Wesenswahrheit der Rolle bewahrt, das in der Erinnerung Bestand haben wird: Es hat mit der Kindheit im Dresdner Kreuzchor, erworbener Stilsicherheit, dem Typus des strebenden, sagenden Sängers, dem Timbre aus Jugend und Weisheit, dem Humanitätsbegriff des Märchenstücks zu tun.

Unsterblichkeit als "holder Jüngling sanft und schön" ist dem Menschen nicht gegeben. Peter Schreiers Tamino hat dennoch bis zu seinem Bühnenabschied etwas von der Wesenswahrheit der Rolle bewahrt, das in der Erinnerung Bestand haben wird: Es hat mit der Kindheit im Dresdner Kreuzchor, erworbener Stilsicherheit, dem Typus des strebenden, sagenden Sängers, dem Timbre aus Jugend und Weisheit, dem Humanitätsbegriff des Märchenstücks zu tun. Wer also den letzten Tamino Peter Schreiers feiert, wie jetzt geschehen an seinem Haus, der Staatsoper Unter den Linden, der feiert den ganzen Peter Schreier, den Weltkünstler und den, der immer wiedergekommen ist, nach Hause, was über Jahrzehnte DDR bedeutet hat. Ensembletreue, Zugehörigkeit zu einem Theater - das sind existentielle Normen, die derzeit nicht mehr Allgemeingut sind. Schreier hat sie verkörpert - aus der Position seines internationalen Ruhms.

Kultursenator Christoph Stölzl, der an diesem Abend des emotionalen Überschwangs die standing ovations unterbrechen muss, um dem Kammersänger die Ehrenmitgliedschaft der Staatsoper anzutragen, spricht rechtens von den Millionen Musikhörern, die sich den Evangelisten der Oratorien von Bach nur in der Stimme Schreiers vorstellen könnten. Als jüngstes Beispiel gehört die Matthäus-Passion 2000 bei den Kruzianern dazu. Auch dies färbt auf den unvergleichlichen Tamino ab: der Prinz aus Sachsen.

Seit 1963 festes Mitglied der Lindenoper, hat er an ihrer Geschichte mitgeschrieben. Als Sänger und als Dirigent. Er spielt 1974 bei der Uraufführung von Paul Dessaus "Einstein" den Ersten Physiker unter der Regie von Ruth Berghaus. Neben ihm Theo Adam in der Titelrolle. Schreiers lyrischer Tenor steht für Belmonte, Ottavio, Ferrando und eben Tamino bei Mozart, ist begehrt als Flamand in "Capriccio" von Strauss, als Wagners David in den "Meistersingern" und Loge im "Rheingold", bildet die Identifikationsfigur Palestrina in Pfitzners Spätromantik und wagt sich an den Alfred in der "Fledermaus". Eigentlich bleibt er der gelehrte Bach- und Mozart-Sänger überall.

Am 29. Juli wird Peter Schreier seinen 65. Geburtstag begehen und mit der Musik kein Ende machen, sondern weiterhin dirigieren und konzertant singen. Wer solchen Abschied feiern kann, gefasst und heiter, der richtet den Blick nach vorn. Als neues Ehrenmitglied der Staatsoper übernimmt er heute Abend wieder die musikalische Leitung der "Zauberflöte". Das ist die Everding-Inszenierung in Bühnenbildern und Kostümen nach den Entwürfen Schinkels, in der auf seltsame Weise Kindheitserlebnisse wach werden - im Bühnenpech, wenn ein Segelschiff die Fahrt verweigert, in dem Charme, den Roman Trekel den alten Papageno-Witzen überstülpt. Alles schon dagewesen und doch bezaubernd wie der Zauberflötist der Staatskapelle, die Tölzer Knaben, die tanzenden Sklaven, die Pamina der Simone Nold. Die Zukunftsstimme besitzt der Sarastro von Phillip Ens. Philippe Jordan am Pult, dem noch nicht alles so gelungen ist wie das behende Ouvertüren-Allegro ohne falsches Brio, wird gleich allen Dabeigewesenen noch gern zurückdenken - an Taminos Abschied und Zauber.

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