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Kultur: Pfefferminz-Träume

Dieser Film war Glück und Versprechen zugleich. "Peppermint Frieden" - welch ein Titel!

Dieser Film war Glück und Versprechen zugleich. "Peppermint Frieden" - welch ein Titel! - eröffnete, ein Jahr nach Fassbinders Tod, der die deutsche Filmszene selbst in Todesstarre hatte fallen lassen, die Aussicht auf eine Wiedergeburt. Bis zu ihrem Debütfilm im Herbst 1983 hatte man so gut wie nichts von ihr gewusst, von Marianne Rosenbaum, die erst durch ihren Film Gestalt annahm. Der war unverhohlen autobiografisch mit der Figur der kleinen Marianne, die in einem Dorf irgendwo an Bayerns östlicher Grenze das Ende des Krieges erlebt. Da gibt es einen Vater, der noch einmal an die Front muss - und zurückkehren und sich in der neuen politischen Welt nicht zurechtfinden wird. Da gibt es den Kriegsversehrten und den Kommunisten, den Pfarrer und das Rumoren im Dorf über Kriegszurüstungen im Osten. Und da gibt es vor allem den amerikanischen Soldaten, Mister Frieden, gespielt von Peter Fonda (!), der ein riesiges Auto fährt, Kaugummis zu verschenken hat und fleißig mit Nilla Grünapfel schläft - bis er eines Tages abreist und bis eines anderen Tages eine Postkarte aus Korea kommt.

Marianne Rosenbaum machte sich durch ihren Film kenntlich, durch frappierend einfache Bilder, in denen die Unschuld kindlicher Erfahrungen gerettet erschien. Erst durch den Film erfuhr man, wer sie war. Im böhmischen Leitmeritz in der Nähe des KZ Theresienstadt 1940 geboren, lebte sie im ersten Jahr nach dem Krieg als Fünfjährige fast nur unterwegs, ehe sie in Niederbayern zur Schule gehen konnte. Sie hatte in München schon mit dem Studium der Malerei begonnen, als sie 1967, mitten im "Prager Frühling", nach Prag ging, um Filmregie zu studieren, an der berühmten Filmschule mitten im Herzen der Bewegung. Kein Wunder, dass "Peppermint Frieden" an die frühen Filme von Milos Forman und Jiri Menzel, von Jan Nemec und Evald Schorm denken liess, mit dem gleichen poetischen Flair bei aller handwerklichen Konkretheit. Dafür bekam er 1984 den Max-Ophüls-Preis.

Zu Rosenbaums schmalem Oeuvre gehört der Film "Lilien in der Bank", den sie noch vor wenigen Jahren zusammen mit ihrem Mann, dem Syrer Gerard Samaan, realisierte. Beide arbeiteten zuletzt an einem Dokumentarfilm mit dem Titel "Die Erzähler in Syrien" für den Südwestfunk. Am Freitag der letzten Woche ist Marianne Rosenbaum, Dozentin an der Filmhochschule in Babelsberg, im Alter von 59 Jahren an Krebs gestorben.

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