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Kultur: Pin Up für Fortgeschrittene

Britischer Humor: „Kalender Girls“ von Nigel Cole

Socken, Teppichknüpferei, Broccolis – mit solchen Themen befassen sich die Frauen in Yorkshire. Sujets, gerade richtig, um den Damen zwischen Mitte fünfzig und Mitte sechzig – die Kinder sind längst aus dem Haus, die Ehe eine mitunter noch nicht einmal mehr liebe Gewohnheit – das Leben zu versüßen. Die Zusammenkünfte repräsentieren die marginale gesellschaftliche Stellung, die Frauen im dritten Lebensabschnitt in der Öffentlichkeit einnehmen, insbesondere auf dem Land – und erst recht auf der Leinwand.

Es gibt nur wenige Filme, die Frauen in einem Alter, das bei Männern immer noch als das beste gilt, ein Forum bieten, auch wenn es sich um so großartige Darstellerinnen wie Helen Mirren, Julie Walters oder Linda Bassett handelt. Nigel Cole, in dessen Regiedebüt „Grasgeflüster“ (2000) mit Brenda Blethyn ebenfalls eine Frau um die 50 die Hauptrolle spielte, scheint einen Blick zu haben für die Erfahrung und Souveränität dieser Altersgruppe, und seine leicht sarkastischen, sehr britischen Komödien profitieren davon.

Der Hausfrauenclub in „Kalender Girls“ erwacht aus seiner Lethargie, als Annies (Walters) Mann John stirbt: Annies Freundin Chris (Mirren) regt an, das Geld aus dem Verkauf des zu Wohltätigkeitszwecken produzierten Kalenders dem Krankenhaus zu stiften, das John gepflegt hat. Und da mehr Geld zusammenkommen soll als mit den üblichen Flora- und Faunamotiven, schlägt Chris vor, einen Pin-up-Kalender zu machen, mit den Hausfrauen als Models. Dagegen gibt es natürlich jede Menge Einwände und viel Geschrei, aber am Ende entsteht ein Kalender, der reißenden Absatz findet.

Der Film zerfällt in zwei Teile, deren erster – die Produktion des Kalenders – amüsanter ist als der zweite, in dem es um die Folgen der öffentlichen Bekanntheit geht. Nigel Cole vermeidet jeglichen faulen Witz auf Kosten seiner Protagonistinnen, stattdessen inszeniert er meisterliche Montagesequenzen, die beispielsweise die Suche nach einem für das Sujet passenden Fotografen oder die Fotosessions selbst eher um- als beschreiben. Zuerst präsentiert sich eine ganze Riege von Hobbyknipsern – vom Schmetterlingsfanatiker bis zum alten Lüstling –, dann wird ein ungeheurer Aufwand betrieben, um die Szenen aus Haus und Garten so jugendfrei und niveauvoll wie möglich zu gestalten. Versteht sich, dass alle Beteiligten dabei viel Spaß haben.

Die Dialoge sind lakonisch und von trockenem Witz, sie vermitteln die Zurückhaltung und den Humor, die trotz aller Europäisierung des Inselvolks immer noch typisch britisch sind: „Du bist in der Zeitung, Liebes, nackt. Kannst du mir bitte den Schinken reichen...?“

In Berlin in den Kinos Adria, Cinemaxx Colosseum und Potsdamer Platz, Cubix Alexanderplatz, Filmpalast, Kino in der Kulturbrauerei, Yorck und New Yorck, Cinestar im Sony Center (OV), Odeon (OmU)

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