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Geehrt, berührt: Placido Domingo im Schillertheater, rechts Daniel Barenboim.

© Thomas Bartilla/Staatsoper

Placido Domingo feiert 50 Jahre Berlin-Debüt: Erst die Arbeit

Gala für das neue Ehrenmitglied: Placido Domingo wird von Daniel Barenboim und der Staatskapelle zu seinem 50. Berlin-Jubiläum gefeiert.

Selbst bei einer Gala zum 50-jährigen Berlin-Jubiläum bleiben sie in Kraft, die ehernen Gesetze der Oper. Daniel Barenboim sagt seinen Freund Placido Domingo als leicht indisponiert an. Er hätte ihn noch gewarnt: „Wenn es warm wird in Berlin, dann wird es auch gefährlich.“ Nun ist der gefeierte Tenor, der sich immer mehr zum Bariton wandelt, am Morgen nicht ganz auf seiner stimmlichen Höhe erwacht. Er sei aber überzeugt, dass man davon nichts mitbekommen würde, schließt Barenboim schelmisch. Dann dirigiert er das Preludio zum 1. Akt von „La Traviata“ und eröffnet damit die erste Halbzeit der Domingo-Ehrung in der Staatsoper im Schillertheater.

Auf den Tag 50 Jahre es ist her, dass der damals 26-jährige Nachwuchstenor wenige hundert Meter entfernt an der Deutschen Oper erstmals auf einer Berliner Bühne stand, als Riccardo in „Un ballo in maschera“. Ein Riesenerfolg, wie kurz zuvor in Wien, wo Domingo vor zwei Wochen mit einer Verdi-Gala samt Ausstellung gefeiert wurde. Und bald sein Rollendebüt als Posa in „Don Carlo“ geben will. Gerne kehrte er immer wieder nach Berlin zurück, wo er seit 1993 mit Barenboim zusammenarbeitet, sich Wagner vorknöpfte und an der Staatsoper zum ersten Mal in eine Bariton- Rolle schlüpfte, 2009 in „Simon Boccanegra“. Diesen untröstlichen Verdi-Helden singt Domingo auch an diesem Abend, am anderen Ende der Bühne lauert René Pape als Fiesco. Doch die Konzentration liegt ganz auf dem Jubilar, der sich dieser unendlich bitteren Partie aussetzt, diesem langen Sterben. Darin liegt viel Seele und genügend Kraft, jeden Hauch bis in die letzte Reihe hinaufzutragen.

Domingo bleibt glaubhaft und anrührend

Domingo ergibt sich ganz den Nachdenklichen und Resignierten, ob als Germont oder als Macbeth. Er umarmt sein Alter, gefällt sich als Herr, der viel gesehen hat – und bleibt so glaubhaft und auch anrührend. Den Blick tief in den Noten, bleibt zudem kein Raum zum Flirten. Über eine staunenswerte Technik verfügt Domingo ohnehin noch immer. Kein zielloses Tremolieren, sondern klare Klangprojektion und feine Seufzer, wie sie jemand ausstößt, der gelebt hat. Im Verdi-Teil stehen mit Elsa Dreisig, Marina Prudenskaya und René Pape strahlende Kollegen an seiner Seite, nach der Pause dann ist Domingo allein mit Wagner. Was so nicht ganz stimmt, denn es sind vor allem Barenboim und die Staatskapelle, die hier den feierlichen Ton vorgeben.

„Meistersinger“-Vorspiel, Vorspiel und Liebestod aus „Tristan und Isolde“ – und dazwischen wenige Takte Domingo, der als Wolfram den Abendstern besingt oder Parsifals letzte Worte beschwört. Der Staatsopernchor tritt für zwei Minuten dazu, doch das lohnt sich: Als Domingo kurz darauf zum Ehrenmitglied der Staatsoper ernannt wird, gibt es viele Hände, die ihn auf der Bühne beklatschen. Der Jubilar sammelt schweigend Blumensträuße ein und kehrt ganz zum Schluss auf die leere Bühne zurück, ein Glas Champagner in der Hand. Zum ersten Mal lächelt er. Feiern lässt er sich erst nach der Arbeit.

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