zum Hauptinhalt

Kultur: Politik und Arbeitsmarkt: Eine Weile beschäftigt - Wo der Niedriglohnsektor hilfreich ist und wo nicht

Es geht auch anders, zum Beispiel in der nordrhein-westfälischen IG Metall. Sie sieht - anders als ihre Zentrale - in einem Niedriglohnsektor Chancen.

Es geht auch anders, zum Beispiel in der nordrhein-westfälischen IG Metall. Sie sieht - anders als ihre Zentrale - in einem Niedriglohnsektor Chancen. "Das funktioniert", sagt Peter Gasse, Bezirkschef der NRW-Metaller, "wenn auch nicht in dem Umfang, wie sich das die Bundesregierung erhofft". Das Bezuschussen von Niedriglöhnen sei "ein Mosaikstein, aber eben auch nicht mehr", um auf dem Arbeitsmarkt voranzukommen.

Wie Rheinland-Pfalz und das Saarland macht auch das nordrhein-westfälische Duisburg Versuche für Langzeitarbeitslose im Niedriglohnbereich. Dabei werden schlecht bezahlte Arbeitsplätze vom Arbeitsamt bezuschusst: In Duisburg, in dem der Arbeitnehmer einen direkten Zuschuss bekommt, wenn er einen schlecht bezahlten Job annimmt. Generell sind die Gewerkschaften nicht gerade begeistert von einem Niedriglohnbereich. Da würde Arbeit subventioniert, die ohnehin entstehen würde, kritisierte die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ursula Engelen-Kefer, am Dienstag in Berlin.

Ein altes Modell

Die Duisburger sehen das ein bisschen anders: "Man muss genau hingucken, um diese Mitnahmeeffekte zu vermeiden," sagt Gasse. Mit einer Laufzeit von gut drei Jahren ist das Duisburger Modell eins der ältesten Kombilohn-Modelle in Deutschland. Das Resultat: Ein Viertel derjenigen, die sich beim Pluslohn anmelden, sind länger als ein Jahr beschäftigt. "Das ist viel", sagt der Duisburger Arbeitsamtschef Norbert Maul. Denn der Lohn wird nur ein Jahr lang auf den Nettolohn aufgestockt, den der Arbeitslose in seinem alten Job bekommen hat. Die Obergrenze für einen förderfähigen Lohn liegt bei rund 1300 Euro.

Der tatsächliche Effekt des Niedriglohns auf dem Arbeitsmarkt wird die Hoffnungen der Politiker jedoch kaum erfüllen, meint Metaller Gasse: "Wir hatten in den vergangenen Jahren immer mehr als 30 000 Arbeitslose hier. Wenn wir im Jahr 400 Leute im Pluslohn-Projekt hatten, waren wir gut," sagt Gasse. Arbeitsamtschef Maul sieht das auch. Er meint aber, dass sich die Duisburger Erfahrungen auf vorzeigbare Größenordnungen hochrechnen lassen, wenn man das Modell in ganz Nordrhein-Westfalen anwenden würde. Zumal es für die Arbeitsämter auch noch kostengünstiger sei als die normale Arbeitslosigkeit: 315 Euro zahlt das Arbeitsamt im Monat für die Pluslöhner - nach durchschnittlich 550 Euro Arbeitslosengeld oder -hilfe zuvor. Siebzig Prozent der Geförderten arbeiten bei Leiharbeitsunternehmen.

Keine Jobwunder

Doch Gasse warnt vor zu großen Hoffnungen: "Niedriglohnmodelle werden nie ein Instrument gegen die Massenarbeitslosigkeit sein können." Die Skepsis über die Masseneffekte dieser Instrumente teilt auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Das IAB gehört zur Bundesanstalt für Arbeit und stellte kürzlich fest, dass die bisherigen Projekte kein Beleg dafür seien, "dass sie einen nennenswerten Aufbau von Beschäftigung leisten".

DGB-Vize Engelefen-Kefer äußerte sich ebenfalls skeptisch zu Kombi-Löhnen. Die Begleitforschung für die 13 Modellprojekte zeige, dass kein Beschäftigungswunder zu erwarten sei. Bei einem bundesweiten Kombi-Lohn-Programm würden nach Schätzungen maximal 10 000 bis 15 000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. "Alles andere sind Drehtüreffekte: Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Aufteilung von Vollzeit-Stellen in subventionierte Beschäftigungsfelder", sagte sie. Ein flächendeckendes Kombi-Lohn-Programm würde nach Einschätzung des DGB zwischen 50 und 100 Millionen Euro kosten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false