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Kultur: Politiker im Test: Parteichefs vor der Sommerpause - eine Bewertung

Gabi Zimmer - mit Ausdauer 9% sind zufrieden mit der PDS-ChefinSie galt als Frau des Übergangs. Gabi Wer?

Gabi Zimmer - mit Ausdauer

9% sind zufrieden mit der PDS-Chefin

Sie galt als Frau des Übergangs. Gabi Wer? Neun Monate sind vergangen, seit Gabi Zimmer auf dem Cottbusser Parteitag zur PDS-Chefin gewählt wurde. Seitdem wird nicht mehr nur darüber diskutiert, ob die PDS sich wandeln kann, sondern ob sie sich schon stark genug gewandelt hat. Veränderungen, für die Gregor Gysi und Zimmers Vorgänger Lothar Bisky noch von den alten Kader-Genossen angefeindet wurden, hat Zimmer zum Teil schon durchgesetzt. Sie wollte die Fenster im Karl-Liebknecht-Haus öffnen und "mal ordentlich durchlüften", hatte sie angekündigt. Trotz ihrer trockenen Art, trotz ihrer Rhetorik aus der sozialistischen Staubkiste - Gabi Zimmer hat frischen Wind in die Partei gebracht.

Jahrelang hat die PDS über ihre Vergangenheit geredet, trotzig, ohne ein Stück voranzukommen. Erst mit Zimmer hat sich etwas verändert. Sie organisiert die Parteirevolution von oben: Da war die Entschuldigung für die Zwangsvereinigung von KPD und SPD anno 1946. Die Erklärung zum Mauerbau, in der zwar das Wort Entschuldigung fehlt, das SED-Regime aber ziemlich genau als das beschrieben wird, was es war: eine Diktatur. Und miefig. Bleibt die Reform des Parteiprogramms, über die weiter heftig diskutiert wird. Den Vorstand der Partei hat Zimmer inzwischen von ihrem Kurs überzeugt - außer Sarah Wagenknecht, die Pudernase von der Kommunistischen Plattform. Wichtiger sind aber die Alt-Mitglieder. Zimmer verfährt nach der Devise: Lüften, lüften, lüften, und immer an die Basis denken. Denn die verfolgt den Reformkurs mit Grummeln, das aber schon bald zu Protestschreien werden kann. Die Kompetenzrangeleien mit Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch sind behoben, zumindest verdrängt, gerade weil beide ihre Kraft für die Auseinandersetzung mit den Altgenossen brauchen. Bleibt die entscheidende Frage, ob es der PDS unter Zimmer gelingt, auch im Westen Fuß zu fassen. Daran wird sich jede PDS-Chefin messen lassen müssen. mfk

Fritz Kuhn - mit Disziplin

19% sind zufrieden mit dem Grünen-Chef

Mit dem Namen weniger deutscher Spitzenpolitiker ist das Publikum so schlecht vertraut wie mit dem von Fritz Kuhn. Dabei spielt der Parteichef der Grünen, der gemeinsam mit Claudia Roth ein quotiertes Spitzengespann bildet, in der Koalition eine wichtige Rolle. Er gilt als strategischer Kopf, dem aber Ausstrahlung und Redekraft fehlen. Seit seiner Wahl im Juni 2000 hat der Parteichef die Grünen zwar handlungsfähiger gemacht und teilweise diszipliniert, noch immer aber ist der Übergang von der Protest- zur Regierungspartei nicht ganz gelungen. Auf dem Weg an die Macht scheinen die Grünen viele ihrer fröhlichen Botschaften verloren zu haben und klammern sich aus Enttäuschung manchmal an Statuten aus der Frühzeit. Ein Prozess der Selbstvergewisserung, den das neue Grundsatzprogramm bringen soll, ist dringend nötig. Bis in den Herbst muss Kuhn dafür sorgen, dass die Wahlkampfaufstellung für 2002 stimmt: wenige zugkräftige und nicht beliebig viele Spitzenkandidaten, gemeinsam getragene Kernbotschaften statt verwirrend vieler Angebote? Das freilich setzt voraus, dass seine Partei an der Kunst des Möglichen Gefallen findet. Und das Regieren weniger als bisher als Last versteht. Bei der SPD gilt Kuhn als intelligenter und sehr verlässlicher Partner. In den eigenen Reihen ist inzwischen häufiger Kritik zu hören - nicht zuletzt an Überlegungen, wonach der Parteichef sich über die Trennung von Amt und Mandat hinwegsetzen und um einen Listenplatz für die Bundestagswahl bemühen will. Von Schaden wäre das für die Grünen nicht. hmt

Angela Merkel - mit Instinkt

42% sind zufrieden mit der CDU-Chefin

Ein schlimmes halbes Jahr hat sie hinter sich, ein schlimmeres könnte folgen. Dass sie das Renten-Plakat mit Schröder hinter Gittern durchgehen ließ, bezeichnet sie selbst als den größten Patzer. Es war nicht der einzige. Bei der Rente wiederholte sich das Steuerreform-Debakel: Die Phalanx der Unions-Länder im Bundesrat brach auseinander. Bei der Kür des Berliner Spitzenkandidaten scheiterte mit Wolfgang Schäuble auch sie selbst. Angela, allein zu Haus: Ihr jüngstes Konjunkturprogramm hat sie aus dem Hut gezaubert, ohne es vorher innerparteilich abzusprechen.

Ist sie so isoliert? Beim Tingeln durch Talk-Shows versucht die CDU-Vorsitzende, sich und ihre Partei menschlich-mittig zu präsentieren. Mal gelingen die Auftritte, so wenn sie Claudia Roth von den Grünen in Grund und Boden redet, mal misslingen sie, wenn sie beim Erinnern an Hannelore Kohl stocksteif wirkt. Wenn man Angela Merkel fragt, welche Wertung sie am härtesten trifft, antwortet sie: die Behauptung, sie sei auch elfeinhalb Jahre nach dem Mauerfall noch nicht in der Bundesrepublik angekommen. Die verlängerte Generalsekretärin, die die Machtfrage nicht gerne offen stellt und ihre Partei eher begleitet denn leitet, dürfte tatsächlich ein anderes Problem haben. Ihr Gespür für die neue Bundesrepublik funktioniert gut. Ihre Partei ist es, in der sie noch immer nicht ganz angekommen ist.

Das nächste halbe Jahr wird geprägt sein von der Frage der Kanzlerkandidatur. Soll niemand darauf wetten, dass keiner aus dem Unionslager das Sommertheater mit Vorfestlegungen versorgen wird. Dann kommen die Wahlen in Berlin und der Parteitag - mit einem Generalsekretär in der Kritik. Zweimal stellt sich auch die Frage nach der Zukunft von Angela Merkel. rvr

Guido Westerwelle - mit Psychologie

47% sind zufrieden mit dem FDP-Chef

Guido Westerwelle macht ab Montag Urlaub auf Mallorca, nimmt aber nicht viel mit. Im Gepäck habe er vor allem Umfragen, die seine Partei zwischen zehn und zwölf Prozent sehen, sagte Westerwelle vor dem Abflug. "Gutes Gepäck." In der Tat hätte die erste Hälfte des Jahres für Westerwelle und die FDP nicht besser laufen können. Ende April hat ihn der Düsseldorfer Parteitag mit einem starken Ergebnis zum Chef gekürt, die FDP wird von der Öffentlichkeit so stark wahrgenommen wie lange nicht. Und eben die Umfragen, die auch deshalb so gut sind, weil Westerwelle die FDP aus der bedrückenden Umarmung der Union befreit hat und heute ein Bündnis mit der Schröder-SPD wahrscheinlicher ist als eines mit Merkels CDU. Westerwelles Lächeln ist dieser Tage nicht übertrieben.

Trotzdem liegen etliche Gefahren vor dem jüngsten Vorsitzenden der Parteienlandschaft. Die Wahl Ende September in Hamburg wird zur Bewährungsprobe: für die Strategie 18 und für Westerwelle. Rein psychologisch ist die vermessene Strategie klug erdacht. Was aber, wenn den Hamburger Liberalen die Strategie weit verfehlen? Dann ist sie auch für die Bundes-Wahl diskreditiert. Und Hamburg ist ein Risiko, denn die FDP schickt einen Quereinsteiger, Konteradmiral Rudolf Lange, ins Rennen. Geht Lange baden, wird auch Westerwelle nass: Der Admiral ist sein Kandidat. Im Süden der Republik rümpfen einige schon die Nase über Programm und Stil des Medien-Yuppies Westerwelle. So lange er sich im Umfragehoch sonnt, kann Westerwelle weiter lächeln - bis sich der Wahlkampf zuspitzt. Vielleicht auf das Duell "Schröder gegen Stoiber"? mfk

Edmund Stoiber - mit Temperament

52% sind zufrieden mit dem CSU-Chef

Wenn einer Bundeskanzler Gerhard Schröder herausfordern kann, dann ist es der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber. Das meint er selbst, das meinen vor allem seine Freunde in der CSU. Dass er eine Chance als Herausforderer Schröders hätte, zeigen auch die Umfragen. Doch der Kandidaten-Kandidat springt nicht. Gerhard Schröder, der Kanzler und SPD-Chef, wirft ihm deswegen einen "feigen Ehrgeiz" vor.

Feiger Ehrgeiz? Stoiber meide die "offene Feldschlacht" mit CDU-Chefin Merkel, er betreibe vielmehr eine "Zermürbungstaktik in die Partei hinein in der Hoffnung, dass nur einer übrig bleibt", sagt der Kanzler. Doch ganz so stark, wie Schröder meint, scheint der Ehrgeiz des Bayern nicht zu sein. Ob denn wirklich jemand glaube, dass das Amt des Kanzlers für ihn attraktiver sei als das des bayerischen Regierungschefs? Diese Frage hat Stoiber schon mehr als einem Gesprächspartner gestellt. Geht es um Bayern, wird der CSU-Chef leidenschaftlich. Doch auch im Gespräch mit Getreuen ziert sich Stoiber. Vor der Landesgruppe der CSU im Bundestag lieferte er kürzlich eine Analyse, die darauf hindeutet, dass er seine Zukunft auch nach 2002 nicht in Berlin, sondern in München sieht: Gibt es eine Chance für die Union bei der Bundestagswahl, werde es sich die CDU nicht nehmen lassen, den Kanzlerkandidaten zu stellen, berichtete Stoiber. Gibt es aber keine Chance für die Union, sollte die CSU die Finger davon lassen.

Spricht so jemand, der am Zaun des Kanzleramtes rüttelt und ruft: "Ich will da rein?" Stoiber zaudert. Aber wenn er von der Union gerufen wird? "Es geht ja nicht nur um mein Wohl", hat er mal gesagt. Dann würde er wohl wollen wollen. Geschadet hat das Gerangel um seine Kandidatur dem Ministerpräsidenten bisher nicht. Er gehört neben Außenminister Joschka Fischer und Schröder zu den bekanntesten und beliebtesten Politikern - noch weit vor Merkel. ca

Gerhard Schröder - mit Kühle

60% sind zufrieden mit dem SPD-Chef

Auf und ab geht es in diesen Tagen für Gerhard Schröder. Eben noch war der Bundeskanzler unangefochtener Superstar. Die Steuerreform hatte den Bundesrat passiert, die Wirtschaft wuchs kräftig. Und jetzt? Die Wirtschaft lahmt, die Geldentwertung ist hoch - und selbst der Kanzler wirkt nicht mehr richtig davon überzeugt, dass es ihm gelingt, die Zahl der Arbeitslosen im kommenden Jahr unter 3,5 Millionen zu drücken. Er verfehlt womöglich sein Versprechen, im Wahljahr! Das drückt auf die Stimmung, auch bei Gerhard Schröder.

Dabei zog der Regierungschef eine Zwischenbilanz, von der er meint, sie habe mehr Beifall der Öffentlichkeit verdient: Steuer- und Rentenreform, Zuwanderung, Gleichstellung gleichgeschlechlicher Paare, Entschädigung für Zwangsarbeiter, Verlängerung des Solidarpakts für den Aufbau Ost. "Ich warte noch heute auf die Überschrift: Danke Kanzler", klagte Schröder. Stattdessen mehren sich die kritischen Stimmen, vor allem aus den Reihen der deutschen Wirtschaft. "Die konstituieren sich als so eine Art außerparlamentarische Opposition", meinte der SPD-Vorsitzende zur Kritik der Wirtschaftsverbände an seiner Politik.

Viel hängt jetzt davon ab, ob die Weltwirtschaft im zweiten Halbjahr wieder an Schwung gewinnt und auch die Bundesrepublik mitzieht. Schröder will jedenfalls trotz der Flaute keine weiteren Reformen anpacken. "Das, was ich Politik der ruhigen Hand genannt habe, wird weiter geführt", sagte er. Frühere Kanzler beschrieben das mit dem Wahlkampfslogan "weiter so".

Trotz der wirtschaftlichen Probleme sieht es für Schröder nicht schlecht aus, wenn er auf die Wahl 2002 blickt. Seine Partei, die SPD, hat sich unter der Führung ihres Generalsekretärs Franz Müntefering zur Kraft der Mitte im deutschen Parteiensystem entwickelt. Die Koalition mit den Grünen funktioniert, die FDP steht als Juniorpartner bereit, und mit der PDS wird in rot-roten Bündnissen auf Landesebene politischer Alltag eingeübt. Wer so viele Optionen hat, gegen den sind andere Mehrheiten nur schwer zu schmieden. ca

9% sind zufrieden mit der PDS-Chefin

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