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Pop: Hand ans Herz

Post-Dubstep mit Seele und ein Club-Konzert, das auch in Rockkontexten gut funktioniert: Der englische Produzent Aaron Jerome war mit seinem Projekt SBTRKT in Berlin.

Es ist bekanntlich so eine Sache mit elektronischer Clubmusik, die live, vielleicht gar in Bandbesetzung auf die Bühne gebracht werden soll. Das geht gern mal in die Hose. Der Zauber der digitalen Frickelei und die Feinheiten des Klangs verlieren sich nicht selten in einem Ambiente, das dann womöglich noch mehr an einen Rockschuppen gemahnt als an einen Club. Folglich hatte man ein bisschen Bammel vor dem Berliner Clubkonzert des nach James Blake und Jamie Woon nächsten britischen Post-Dubstep-Wunderkinds, des aus London stammenden Produzenten Aaron Jerome, der seinem Projekt den merkwürdigen Namen SBTRKT gegeben hat, gesprochen „subtract“.

Sollte man sich das traumhaft schöne SBTRKT-Debütalbum in einem Laden wie dem alten und etwas verranzten Maria an der Schillingbrücke, das jetzt ADS heißt, vorstellen lassen? Ein Album, dessen Sounds und Samples, dessen vielfach gebrochene, feine Beats ihren ultimativen Charme durch einige Gastsänger und Gastsängerinnen bekommen, den Soul- geschulten Sampha etwa, durch Jessie Ware, Roses Gabor und Yukimi Nagano, der Masterfrau der schwedischen Elektro-Band Little Dragon.

Als Aaron Jerome nur mit Sampha als Begleitung, der auf dem Album die meisten Stücke singt, auf die Bühne des ausverkauften ADS kommt, den Laptop anwirft, sich ans Schlagzeug setzt und die ersten Takte erklingen lässt, verfliegen die Bedenken sofort – auch weil Sampha gut zu hören ist und es versteht, seine Seele, seinen Schnulz und Schmalz in die Stücke zu legen, oft genug mit der Hand am Herzen. Jerome und Sampha tragen Masken, der besseren Sicht halber aber doch nur in Stirnnähe. Der Daft-Punk-Effekt ist so nur der halbe, und auch Jeromes These von der gewollten bürgerlichen Entsubjektivierung durch elektronisch verfertigte DJ-Musik ist so nur noch die Hälfte wert. Man schaut den jungen Herren gern bei der Arbeit zu. Und tanzt – oder träumt, beides ist möglich. SBTRKT haben den Nachvornefeger genauso im Programm wie das R&B-Schmusestück mit Piano-Plingpling, und all das funktioniert live genauso gut wie es auf dem Album klingt. Gerrit Bartels

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