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Bergziegen und Kühe

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All Eternals Deck: Mountain Goats - Optimismus inmitten des Grauens

John Darnielle beweist Platte um Platte, dass er einer begabtesten lebenden Songwriter ist. Mit Herz, Verstand, feinem Humor und literarischen Texten überzeugt auch sein neuestes Werk.

Die Angewohnheit intensiv zuzuhören, scheint angesichts der Digitalisierung von Musik und der damit verbundenen ständigen Verfügbarkeit ein aussterbendes Phänomen zu sein. Marketing wird immer wichtiger. Der Inhalt tritt in seiner Bedeutung in den Hintergrund. Schlechte Zeiten, möchte man meinen, für einen wie John Darnielle. Der Kopf der Mountain Goats pflegt kein öffentliches Image, die Produktionen seiner Platten sind meist unauffällig, die Cover von melancholischer Eleganz. Nicht einmal als retro kann man seinen Sound einordnen. Es geht einfach nur um Songs. Aber um was für welche! Textlich kreist diesmal alles um den Begriff des Okkulten, des Verborgenen. Kein Wunder also, dass die Protagonisten der Stücke nächtliche Wesen wie Vampire, Skorpione und Wölfe sind. Als Inspiration für dieses Album nannte Darnielle die Horrorfilme der siebziger Jahre, in denen die braven Bürger amerikanischer Kleinstädte selbst angesichts des überall lauernden Grauens ihren Optimismus und Tatendrang zu bewahren suchen. Wer mag da nicht an die Bedrohungen unserer Tage und die Reaktion der Mehrheit darauf denken?

Darnielle reagiert auf all die globalen und persönlichen Katastrophen mit Ironie. „We are young Supernovas” postuliert er zum Beispiel im Song "High Hawk Season". Ein seltsamer Satz, wenn man gerade 44 Jahre alt geworden ist und der ganze Planet seine beste Zeit hinter sich zu haben scheint. Musikalisch hat sich auf „All Eternals Deck“ im Vergleich zu den Vorgängeralben kaum etwas verändert. Der Einfallsreichtum der Melodien und Arrangements bewegt sich immer noch zwischen drei, vier Varianten hin und her. Bestimmendes Instrument ist und bleibt Darnielles Westerngitarre. Gerade aber weil die Band an bewährten Formen festhält, fallen die wenigen Neuerungen um so mehr auf. Da ist mal ein grummeliger Männerchor, mal ein schön gesetztes Piano, und da gibt es vor allem den Einsatz des Morbid Angels Gitarristen Erik Rutan, der eine gewisse Aggressivität einbringt. In all dem lauert Darnielles wenig modulierende Stimme, die einen äußerst einnehmenden Charakter besitzt und die wundervollen Lyrics aufs trefflichste transportiert. Man möchte diesem Mann und seiner Band wünschen, dass sich genügend Hörer finden, die bereit sind, für den Genuss einer guten LP alles stehen und liegen zu lassen und einfach mal wieder nur zuzuhören. Diese Platte würde sich dafür bestens eigenen.

Ebenfalls neu auf Vinyl:

Schon beim 2008 erschienenen Vorgänger „Midnight Boom“ konnte man den Eindruck erlangen, dass The Kills nicht mehr die zerstörerische Kraft frühere Tage aufbringen können. Dieser Eindruck wird durch das neue Album „Blood Pressures“ weiter verstärkt.
Zwar ist die Idee, den abgemergelten Sound der ersten beiden LPs durch den Einsatz von Studiotechnik und Computerklängen aufzumischen, gar nicht so verkehrt, nur müssten die beiden Kills diese neuen Mittel mit der gleichen Radikalität einsetzen, wie sie es früher mit Gitarre und Gesang getan haben. So aber ist „Blood Pressures“ leider nur ein gut hörbares, aber eben kein herausragendes Album geworden.

Martin Väterlein

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