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Berliner Newcomer: Nachtlüx: Tränen und Sonne in ihren Liedern

Gothic-Electronic-Chanson-Jazz aus Berlin: Das Projekt Nachtlüx stellt sein Debütalbum "Nach Norden" vor.

"Wohin zieht es uns?" fragt die Berliner Gruppe Nachtlüx auf der Einladung. "Nach Norden." heißt die Antwort auf der Rückseite. Aber erstmal ziehen sie uns runter in ein düsteres Kellerloch im Prenzlauer Berg. Ins "Icon" zum "Record-Release"-Konzert für ihr Debütalbum "Nach Norden" (Traumton/Indigo).

Nachtlüx ist das musikalische Projekt des Keyboarders und Programmierers Venezian und der Sängerin Lea W. Frey. Für die Bühne haben sie sich drei Mitstreiter dazugeheuert: B. Meyer und P. Meyer steht mit Filzschreiber auf einem Plakat. Bass und Gitarre. R. Becker, Schlagzeug.

Jetzt stehen sie auf der niedrigen Bühne, dicht zusammengedrängt zwischen all dem Kram, wie im Übungsraum: Instrumente, Verstärker, Effektgeräte, jede Menge wirre Kabel. Und quer oben drüber ist ein Lichtschlauch drapiert, wie man ihn um die Weihnachtszeit hinter Neuköllner Fenstern sieht.

Eine Art elektronischer Peilton, minutenlang - gehört der schon zum Song? Man weiß nicht genau, wo es anfängt. Gefilzel des Drummers R. Becker. Bass dazu, Gitarre – die Meyers, B. und P. Gute Jungs.

Hinten sitzt der Chef, eine stämmige Type mit langen, dunklen Haaren, Dreitagebart und schwarzem Sheriff-Hemd. Er bedient die Keyboards, ein Fender Rhodes und eine große Knopfleiste, mit der er bizarre Ambient-Klänge in den dunklen Soundteppich knöpft. Vorne steht die hübsche Lea in Schwarz, mit weißem Lackreif im dunklen Haar und singt eine türkisch arabesk anmutende Gesangslinie. "Wir hören auf zu fragen, sie hören auf zu schlagen", oder so ähnlich heißt es im Text. Der Gesang windet sich in ätherisch esoterische Elfenhöhen: "Körper treffen sich im Universum". Es geht hoch und runter in düstere Tiefen. Eine Art Gothic-Electronic-Chanson-Jazz. Vielleicht mehr Film- als Bühnenmusik?

Der Chef biegt den Oberköper rhythmisch vor und zurück, nickt wie ein irrer Mönch in Ekstase. Hypnotische Erinnerungen an "Riders On The Storm". Lea tänzelt selbstverliebt mit geschlossenen Augen, dramatisch, überkandidelt, rosenstolzig.

Viele Tränen in den Liedern. Und Sonne. Lea singt mit stimmlosem Zisch-S: "Streich die Ssonne aus dem Ssinn" und "weine trockne Tränen in den Ssand." Zwischen den Songs wispert und haucht sie theatralisch ihre Ansagen. Etwas gekünstelt, blutarm und unfroh das Ganze. Doch das junge Publikum bejubelt und beklatscht begeistert die digitalisierte Welt von Nachtlüx. Wie heißt es auf dem neuen Album von Georg Ringsgwandl: "Die wesentlichen Dinge im Leben passieren immer noch analog."

Nachtlüx auf Tour: 04.6. Jena, 05.6. Dresden, 30.06 Weimar, 8.10. Erfurt, 09.10. Nürnberg, 11.10. Berlin, 24.10. Berlin.  Mehr unter:
www.myspace.com/nachtluex

H.P. Daniels

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