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Jazzkantine

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HIT Parade: Jazzkantine mit "Hell’s Kitchen"

Seit 15 Jahren grooven die Braunschweiger höchst eigenständig an der Grenze von Jazz und HipHop. Diese Woche ist die Jazzkantine auf Platz 23.

Lang vorbei sind die Zeiten, als Cover-Versionen noch komplett neue Texte bekamen. „The Night They Drove Old Dixie Down“ wurde in der Version von Juliane Werding zum „Tag, als Conny Kramer starb“. Rudi Carrell fragte zur Melodie von „City Of New Of New Orleans“: „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?” Mit den Originalen hätte man damals in Deutschland keinen Blumentopf gewonnen. Cover-Versionen gehören zur Ursuppe der Popmusik. Nichts einfacher, als sich an bereits vorhandene Popularität anzulehnen. Die kreative Herausforderung wurde erst zu Zeiten des Punk entdeckt: Devo nahmen „Satisfaction“ auseinander und als Sid Vicious mit „My Way“ fertig war, hatte es jeder kapiert: Wenn man das Original gegen den Strich bürstet, werden selbst mausetote Songs wieder lebendig. Dekonstruktion, Kommentar, zumindest ein ironisches Kitzeln, das ist seitdem der Mindestanspruch.

Mit der iPodisierung der Hörgewohnheiten ist ein neuer Typus hinzugekommen: Cover-Bands, die alles in eine Stilrichtung umbiegen: Señor Coconut produziert vergnügte Salsa-Travestien, Nouvelle Vague machen alles auf Bossa Nova, The Boss Hoss auf Country, The Dynamics auf Reggae und so weiter. Der Konsensfaktor ist enorm, die Grenze zur Langeweile fließend. Mit Schadenfreude hört man noch, wie die Leningrad Cowboys „You’re My Heart, Your’re My Soul“ durch den Wolf drehen, aber wenn Patti Smiths „Because The Night“ mit Baller-Techno unterlegt wird, handelt es sich um industrielle Ausbeutung.

Unter solchem Verdacht steht die Jazzkantine nicht. Seit 15 Jahren grooven die Braunschweiger höchst eigenständig an der Grenze von Jazz und HipHop. Nun erlauben auch sie sich mal ein Cover-Album: Heavy-Schwerter zu Swing-Pflugscharen. Shuffle und Fingerschnippen zu AC/DC, Querflöten bei Van Halen. „Smoke On The Water“, einer der simpelsten Songs für Gitarre, wird als elaboriertes Big-Band-Stück wiedergeboren. Auch Funk und Reggae schwingen mit. Okay, dabei kocht nicht die Hölle über, dafür gibt es gepflegtes, undogmatisches Amüsement. Die Platte der Wahl zur nächsten Grillparty.

Ralph Geisenhanslüke

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