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Hitparade: Sportfreunde Stiller schwindeln New York nach München

Die Sportfreunde Stiller erlauben sich einen Etikettenschwindel. Diese Woche sind sie auf Platz 1 mit: "MTV Unplugged In New York".

Seit 20 Jahren gibt es „Unplugged“-Konzerte auf MTV. Ihr Reiz lag ursprünglich in der Idee, dass Musiker, die normalerweise in Stadien spielen, in kleinem Rahmen ohne elektrische Instrumente auftraten. Für den Sender ein cleverer Imagegewinn: Oftmals beargwöhnt als Motor einer global reproduzierbaren Beliebigkeit, hielt MTV damit die Fahne des Musikhandwerks hoch. Da konnte jeder zeigen, was er wirklich draufhatte.

Paul McCartney war der Erste, der das kommerzielle Potenzial erkannte und seinen Mitschnitt als Album veröffentlichte. Zu besten Zeiten wurde die Session – etwa von Eric Clapton – zehn Millionen Mal verkauft, Kiss vereinten sich wieder, Lauryn Hill stellte nach langer Pause neue Songs vor. Über 100 solcher Konzerte gab es bislang, gut 30 wurden auf Platte veröffentlicht. Für deutsche Musiker galt es lange Zeit als Ritterschlag, überhaupt dabei zu sein: Herbert Grönemeyer, Fanta 4, den Ärzten, den Toten Hosen und den Söhnen Mannheims wurde die Ehre zuteil.

In den letzten Jahren wurden immer weniger „Unplugged“-Konzerte in den USA produziert. Nun durften auch die Sportfreunde Stiller aus Germering bei München ran. Sie erlauben sich einen Etikettenschwindel. Ihr Album ist benannt nach dem legendären Mitschnitt von Nirvana, aber er entstand in den Kulissen der Bavaria Studios. Warum nicht?

Amerikaner bauen auch gern europäische Städte in ihren Filmstudios nach. Die charmante Auflösung folgt am Ende des Album, wo sie den Song „Ich War Noch Niemals In New York“ singen, gemeinsam mit einem via Live-Schalte hineingebeamten Udo Jürgens. Die Sportfreunde, Florian Weber (Schlagzeug), Rüdiger Linhof (Bass) und Peter Brugger (Gitarre, Gesang), haben sich eher als Lieferanten durchgeschrubbter Riffs und Bolzplatz-Gröhler qualifiziert. Hier nutzen sie die Gelegenheit zu solidem Musikantentum. Unter anderem mit Hilfe der Bayrischen Philharmoniker.

Der Aufwand für die ursprünglich mal kleine, intime Form des Akustik-Konzerts hat enorm zugenommen – proportional zum Verlust an Glanz durch den allgemeinen Niedergang der Musiksender.

Ralph Geisenhanslüke

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